Ecuador

Panamericana

Peru, 21.07. - 03.09.2015

Übersicht der Route

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01 Playa Meca

Bis zur Grenze haben wir dieses Mal all unser Geld ausgegeben. Doch dann benötigen wir für die Ausreise nach Peru ein ‚Relation del Vehiculo y Pasajeros‘, welches wir in vierfacher Ausfertigung von einer Dame in der Cafeteria der chilenischen Grenzstation für 500 Pesos erhalten. Natürlich müssen wir alle vier Exemplare händisch selbst ausfüllen, welche dann als Laufzettel für hier und die peruanische Grenze gelten. Wir kommen aber recht zügig voran und sind bald an der Grenze nach Peru.

Ich bin beeindruckt wie professionell und ordentlich die Grenzstation ausgestattet ist. Sie steht den chilenischen in Nichts nach. Allerdings geht es hier etwas unorganisiert von einem Schalter zum nächsten und so dauert es über zwei Stunden bis wir einreisen können. Besonders nett war den Zöllner und der Herr von der Frucht-Kontrolle, die Antares durchsucht haben. Sie haben uns nichts abgenommen. Obwohl der eine erstaunt in den gefüllten Kühlschrank geschaut hat und dachte das Paradies vor sich zu haben. An letzter Stelle erhalten wir ein Dokument für Antares. Hier wird das Kennzeichen, Fahrgestellnummer, Farbe und Wert des Fahrzeuges eingetragen. Mit je fünf Stempeln auf Vorder- und Rückseite haben wir das erforderliche Dokument in der Hand um nach Peru fahren zu können.

Damit wir nicht in die Stadt fahren müssen, will ich am Flughafen von Tacna Bargeld vom Automaten holen. Hier komme ich wegen ‚falsch Parkens‘ das erste Mal mit der Polizei ins ‚Gespräch‘. Doch zügig geht es ohne Probleme weiter. Wir entscheiden uns für die Küstenstraße, statt durch die Berge zu fahren, die hier nur wie Wüste aussehen. Nach einer knappen Stunde kommen wir auf guter Straße an einen Zoll Checkpoint für alle Fahrzeuge Richtung Norden. Dem jungen Beamten fällt auf, dass auf unserem Fahrzeug-Dokument die ersten zwei Zeichen des Kennzeichens fehlen. Das muss korrigiert werden. Sehr engagiert telefoniert er mit der Grenzstation um den Fehler der Kollegin dort zu beheben. Allerdings dauert das wieder eine Stunde und so beobachten wir den Sonnenuntergang vom Straßenrand. Erst im Dunkeln kommen wir wieder los. Jetzt mit korrigierten Dokumenten und aktualisierten Daten im Zoll-Computer. Wir haben so lange nett mit den Beamten gequatscht, dass es zu einer Fahrzeuginspektion dann nicht mehr gekommen ist.

Die Straße ist so gut, dass man wegen Leitplanken nicht abfahren kann um am Meer zu campieren. Außerdem ist die Brandung sehr stark und bildet viel Gischt. Am Playa Meca führt eine Straße ans Meer. Hier treffen wir auf zwei Männer. Der eine ist leicht sauer, weil ich mit Antares Scheinwerfern seine Fische verscheucht habe, die er gerne in seinem Netz gehabt hätte, der andere ist für die Sicherheit des verlassenen Ortes zuständig. Beide sind bemüht uns einen sicheren Platz für die Nacht zuzuweisen. Dann sind wir froh, als der Tag sich dem Ende neigt.

 

02 Arequipa

Die Küstenstraße führt zwischen tosendem Meer und den schroffen, sandigen Bergen entlang. Doch einige Orte sind nett angelegt und laden, zum Teil mit grünen Oasen, zum Verweilen ein. Auch wenn das Meer hier kein Ort zum Baden ist. Doch wir fahren bis ins Bergland nach Arequipa. Die Stadt ist sehr gemütlich und bietet eine Menge netter Restaurants sowie interessante Bauwerke zum Besichtigen. Wir sind nur noch in der Lage unseren Hunger zu stillen und ein lokales Bier zu probieren, dann ist der Tag auch schon um.

Am kommenden Tag besuchen wir das Catalinen Kloster, welches auch als ‚Stadt in der Stadt’ bezeichnet wird, weil es von hohen Mauern umschlossen mitten in der Stadt liegt. Heute ist der größte Teil des Klosters Museum. Nur ein kleiner Teil wird noch immer von Nonnen bewohnt. Die als Museum zugänglichen Räume sind in sehr gutem Zustand und die ehemals bewohnten Zimmer sind blau, sowie die Gassen zwischen den Häusern rot getüncht. Ein tollen Kontrast, zwischen denen sich hier und dort grüne und blühende Pflanzen verstecken.

Es wird dunkel und die alten Gebäude der Stadt erstrahlen im Licht der Scheinwerfer. Auf der Plaza de Armas tummeln sich Touristen und Einheimische. In zahlreichen Geschäften, wo auch Elke sich lange umschaut, werden Produkte aus (Baby) Alpaca Wolle angeboten. Hier werden für einen Mantel aus Alpaca schon mal 24.800 Sol (~8.000€) aufgerufen. Da halten wir uns lieber an Gaumenfreuden und gönnen uns im ‚Museo del Pisco‘ einen lokalen Brandwein, den Pisco. Auch nicht günstig, aber lecker und man spürt ihn noch lange im Mund.

 

03 Canyon de Colca, Cruz del Condor

Im dichten Verkehr drängeln wir uns aus der Stadt in Richtung Nord-Ost. Die Straße ist weiterhin recht gut. Langsam winden wir uns mit vielen anderen Lkw bis auf 4.900m rauf. Von hier oben haben wir freien Blick auf einen aktiven und stark rauchenden Vulkan. Daher heißt der Platz auch ‚Mirador de los Volcanes‘.

Von hier geht es langsam ins Colca Tal. Am Ortseingang ist Eintritt zu bezahlen. Wir hoffen dass dieser nicht gerade kleine Betrag von 70 Sol pro Person der lokalen Bevölkerung zukommt. Dann biegen wir gleich links ab und folgen erst noch der asphaltierten Straße, welche später zu einer Piste wird. Es geht auch durch einen einspurigen aber dennoch großzügig bemessenen Tunnel. Rechts von uns liegt das Tal mit endlosen Terrassen-Feldern bis an die steilen Hänge der imposanten Bergflanken heran. Leider sind viele Felder zu dieser Jahreszeit in trockenem Gold-Gelb und nicht saftig grün, wie es die Reiseführer versprechen. Die Sonne steht bereits sehr tief und blendet uns immer häufiger. Dafür sind die Touristen schon fast alle raus, aus dem Tal. So erreichen wir einen leeren Parkplatz am Cruz del Condor, wo wir morgen früh die größten Vögel der Welt (nach dem Strauß) erwarten.

Viele Attraktionen auf dieser Reise sind früh morgens zu sehen. Also ist frühes Aufstehen angesagt. Der kalte Wind schneidet durch's Gesicht. Noch lassen sich die Kondore nicht blicken. Erst mit den Touristen-Bussen kommen auch die mächtigen Vögel hervor. Die haben sich wohl seit Langem aufeinander eingestellt. Jetzt kreisen sie im Aufwind der steil abfallenden Schlucht - ohne sich von den Menschenmassen gestört zu fühlen. Wieder mal entstehen viel zu viele Fotos, welche anschließend sortiert und bearbeitet werden wollen. Also bleiben wir heute hier.

Für viele Attraktionen auf dieser Reise muss man früh morgens aufstehen. So sind wir auch heute früh auf den Beinen. Zu früh. Denn wir sind bereits von unserem ersten Ausflug zurück und sitzen beim Frühstück, als die Kondore sich zeigen und majestätische Kreise über dem Canyon ziehen ohne dabei ihre Flügel zu schlagen. Von den hunderten Zuschauern fühlen sie sich in keiner Weise gestört und scheinen uns einfach zu ignorieren.

 

 

 

04 Titicacasee

Um dem Gegenverkehr der morgens anreisenden Touristen zu entgehen wollen wir ganz früh morgens aufbrechen. Doch die Fahrt aus dem Canyon bis Chivay dauert schon eineinhalb Stunden und so kämpfen wir bereits im Tunnel mit den Touristen, die es eilig haben ‚ihre‘ Kondore zu sehen.

Wir fahren dieselbe Strecke zurück bis zur Verbindung von Arequipa zum Titicacasee. Hier queren wie erneut das Altiplano. Die Gegend hier ist jedoch besonders reizvoll. Viele Felsformationen und Seen liegen zwischen den grün-gelben Hängen. All das ist umringt von Vulkanen und zum Teil über 6.000m hohen Bergen.

Ich habe eine Idee für ein neues Projekt und muss Elke überreden statt zu den Grabtürmen erst nach Juliaca zu fahren, um dort die notwendigen Besorgungen zu erledigen. Die Stadt ist unerwartet groß und die Hauptstraßen sind im Gegensatz zu den Seitenstraßen nicht geteert sondern in miserablem Zustand. So kämpfen wir uns kreuz und quer durch die staubige Stadt. Doch am Ende haben ich alles eingekauft. Nur ist es dabei spät geworden und wir brechen bei Sonnenuntergang auf in Richtung Titicacasee, wo wir erst bei Dunkelheit am späten Abend ankommen. Jetzt einen Stellplatz zu finden erweist sich als schwieriger als erwartet und so kurven wir noch eine Weile umher, ohne den See überhaupt sehen zu können.

Am nächsten Morgen liegt er dann zu unseren Füßen, der Titicacasee. Viel ruhiger als das Meer plätschert das Wasser ans Ufer. Die aufgehende Sonne strahlt mollig warm, nachdem die Luft in der Nacht bis fast zum Gefrierpunkt abgesunken ist. Doch die lokalen Fischer fahren schon früh im Dunkel mit ihren kleinen Booten raus um Fisch für Märkte in Puno und Juliaca zu fangen.

Für mich ist heute großer Projekttag. Elke nutzt die Zeit und unternimmt einen ausgiebigen Spaziergang in die so abgelegenen Umgebung. Die so bekannten Schilfinseln gibt es hier nicht, die werden wohl nur noch für Touristen in Puno vorgehalten. Von anderen Reisenden haben wir gehört dass sich der Besuch nicht lohnt, da es sehr touristisch und wenig authentisch ist. So sind wir ganz zufrieden mit der Wahl unseres Stellplatzes. Einheimische kommen vorbei um zu sehen was wir hier machen und mit uns zu reden. Alle sind sehr freundlich und aufgeschlossen und stolz auf ihre landschaftlich so schöne Heimat. Man bedannkt sich sogar für unseren Besuch in ihrem Ort.

 

05 Sillustani / Chuquibambilla

Schweren Herzens machen wir uns auf den Weg und lassen den Titicacasee  mit diesem herrlich ruhigen Ort hinter uns. Erst heute können wir die ganze Strecke bei Tageslicht erleben und überall winkt und grüßt man uns. Ob es sich so schnell rumgesprochen hat, dass hier zwei Besucher mit einem Truck zu Besuch sind. – Ich glaube das liegt im Naturell der Einheimischen. Die sind zu jedem so freundlich.

Heute ist Nationalfeiertag in Peru. Man feiert die Unabhängigkeit. Entsprechend viele Menschen sind auf den Beinen und viele davon besuchen wie wir die Grabtürme von Sillustani. Zum Glück gibt es einen großen bewachten Parkplatz. Doch Fotomotive gibt es heute fast ausschließlich mit Zugabe von Menschen. Es sind recht viele Türme in intaktem Zustand, zerfallen oder noch im Bau befindlich. Sie liegen auf dem Hügel einer Landzunge, welche auf drei Seiten von Wasser umgeben ist. Ich denke hier ist einer der schönsten Orte an dem man sich begraben lassen möchte. Das Panorama ist herrlich und wenn die Besucher wieder weg sind, hat man eine unendliche Stille. Da habe ich schon Friedhöfe in schlechterer Lage gesehen.

Der Ort ist uns aber viel zu touristisch und überlaufen um hier zu übernachten. Also fahren wir am Nachmittag noch weiter Richtung Norden. Es geht erneut durch Juliaca. Da heute Feiertag ist und wenig Verkehr herrscht, fahren wir durch die ‚schmalen‘ Straßen im Zentrum. Überall flitzen die Tucktucks (Dreiräder) rum, dazwischen Rikschas für den Nahverkehr. In Peru haben offensichtlich viel weniger Menschen ein eigenes Auto. Hier fährt man öffentlich.

Unseren Stellplatz finden wir heute auf fast 4.000m neben einem Fluss im Altiplano. Hier hat ein Hochwasser den Damm weggespült und somit ist die Piste eine Sackgasse, an deren Ende wir eine sehr ruhige aber kalte Nacht verbringen.

Als ich in der Früh gerade dabei bin, am Boden vor Antares meine morgendliche Gymnastik (bei 4 Grad) zu machen, kommt plötzlich eine feuchte Hundeschnauze und das in eine Wollhaube mit Quasten gepackte Männergesicht in mein Sichtfeld. Es handelt sich um René, einen Fischer des Dorfes, der nach einem ersten ungläubigen Blick nach „Christian“ fragt. Als ich ihm erkläre, dass dieser gerade dabei sei, das Frühstück vorzubereiten, ist mir nicht klar, dass ich wohl den männlichen Eindruck schmälere, den Christian gestern mit Schweiß und Bohrmaschine geschaffen hatte, als ihm René am Nachmittag bei seiner „Bastelei“ über die Schulter geschaut hatte. Genauso unbekannt bleibt natürlich der Eindruck, den ich mit meinen in die Höhe gereckten Beinen hinterlassen habe. Er zeigt uns voller Stolz einen Sack der winzigen Fische, „Ispe“, die er diesen Morgen aus dem Titicacasee gefangen hat, bevor er sich mit Handschlag verabschiedet.

Obwohl heute Nationalfeiertag ist, an dem die Unabhängigkeit Perus von Spanien gefeiert wird, ändert sich das Leben in diesem von der Landwirtschaft bestimmten Landstrich nichts. Bauern treiben ihr gesamtes Vieh, oft bestehend aus einer Kuh, einem Esel, einer Sau mit einem Ferkel und einer Handvoll Schafe mit einem oder zwei Lämmchen, kilometerweit die Straße entlang.

In Sillustani bewundern wir Totentürme der Inka auf einem wunderbar friedlich gelegenen Hügel, der von drei Seiten von einem blauen See umgeben ist. Besonders beeindruckt ein weißer Turm, in dem ein Mann mit fünfzehn Mätressen und Dienern bestattet wurde. Seine Grabbeigaben bestehen aus einer Türkis-Halskette, Keramikgeschirr und - einer Pinzette aus Kupfer. Für welche Eventualität oder Tätigkeit im Jenseits man sich wohl mit diesem Gerät vorsorglich rüstet und besser miteinpackt?

Es wurde erklärt, dass im 16. Jahrhundert die indigene Bevölkerung Perus regelmäßig ihre Verstorbenen heimlich aus den christlichen Friedhöfen holte, um sie bei sich zu Hause, in einem Tempel oder an dem Ort, an dem der Tote gestorben war, noch einmal zu bestatten. Dabei würden die Ahnen reichlich mit Speis und Trank bei Gesang und Tanz bewirtet. Der am Titicacasee liegende Friedhof in Copachica, an dem ich gestern bei meiner Wanderung vorbeigekommen bin, zeugt davon, dass dieser Totenkult wohl noch heute gepflegt wird: Um und auf den bunt geschmückten Gräbern liegen –zig Kronkorken und leere Bier- und „Inka-Cola“-Flaschen, die auf ein geselliges Treiben inmitten dieser Ruhestätten schließen lassen.

Auf fast 4.000m übernachten wir heute an einem ruhigen, vollmondbeschienen Fluss im Altiplano.

 

06 Agua Calientes / Inka-Ruinen von Raqchi

In Aguas Calientes, einer 24 Stunden pro Tag geöffneten Therme mit natürlichen Becken im Freien, findet heute ein Folklore-Tanz-Wettbewerb unter den benachbarten Gemeinden statt. Das Spektakel spielt sich vor einer beeindruckenden Bergkulisse ab. Während die Musik auf unser Ohr in ihrem Sing-Sang, das an ein Chinarestaurant erinnert, monoton wirkt, variieren die Kostüme sehr stark. Manche sind mit reich bestickten, bunten Bordüren geschmückt, andere bestehen nur aus grobem, einfarbigem Leinen.

Während eine Gruppe ihr Augenmerk hauptsächlich auf das Röcke-Wirbeln zu legen scheint, das die netten Schenkel der bloßfüßigen Tänzerinnen zeigt, vertuscht eine andere diese Absicht, indem sie eine Geschichte spinnt, wofür zum Beispiel Quinoa-Ähren mit den Füssen ausgetreten werden. Ein anderes Ensemble wiederum integriert religiöse Symbole, wie ein am Rücken getragenes Kreuz aus Weizenbündeln. Allen Teilnehmern ist gemein, dass sie am Ende ihrer Vorstellung erschöpft von der Bühne torkeln, was aufgrund des vielen Drehens auf einer Höhe von über 4.000m nicht verwundert.

Wo man auch immer am weitläufigen Thermengelände hinschaut, es bietet sich ein spannendes Bild: Neben winterlich gekleideten Festbesuchern räkeln sich Bikini-tragende Schwarzhaarige an den Rändern der dampfenden Wasserbecken. Dazwischen halten bunte Schürzen tragende Frauen eine sehr beliebte, peruanische Spezialität feil: Auf offenem Feuer, das mit getrockneten Kuhfladen gespeist wird, werden imposante Pfannen erhitzt, in denen Berge von Schweinsschwarten frittiert werden. Ich muss zugeben, dass der Duft tatsächlich Hunger machte. Schweren Herzens fahren wir weiter, ohne der Versuchung erlegen zu sein.

Bei schönem Spätnachmittagslicht kommen wir bei den Inka-Ruinen von Raqchi an, deren Haupttempel an ein Viadukt erinnert. Am Ruinengelände selbst bauen die örtlichen Bauern noch wie in Inka-Zeiten ihre Felder an. Da die Ernte gerade in vollem Gange ist, konnten wir beobachten, wie sie die Bohnenstangen zuerst mit einem Schlegel schlagen und dann die Bohnen durch In-die-Luft-Werfen von der Spreu trennen, die vom Wind davon getragen wird.

In einem der Gespräche mit den Bauern, in denen sie mir Kochrezepte anvertrauten oder erklärten, wie man das lokale Bier durch Kauen im Mund zum Gären bringt, wurde mir mulmig: Es schwante mir, dass ich die Bohnen, die ich gestern Abend serviert hatte, nachdem ich sie einen Tag und eine Nacht eingeweicht und über eine Stunde gekocht hatte, vielleicht eine ganze Woche in Wasser legen hätte müssen, wie mir die Bäuerin seelenruhig erklärt. Tapfer war Christian, der sogar einen zweiten Teller des fast rohen Bohneneintopfs verdrückt hatte.

 

07 Piquillacta / Tipon / Cusco

Die Sehenswürdigkeiten mehren sich. Nach nur kurzer Fahrt am frühen Morgen kommen wir zu einer großen, weitläufigen Ruinen-Anlage Namens Piquillacta. Mit dem Personal haben wir einen kleinen Dispute, denn diese und viele weitere Anlagen kann man nur besuchen, wenn man das Boletta Touristico kauft. Ein kleines Ticket beinhaltet nur wenig interessante Stätten und das große Ticket kostet 130 Soles pro Person bei einer Gültigkeit von nur 10 Tagen. Letztlich greifen wir zu dem großen Ticket und fahren zu der Anlage. Hier kann man wunderbar parken und es sind kaum Besucher anwesend. Leider stehen von der Anlage nur noch ein paar Mauern. Viele sind eingestürzt und die Beschilderung ist unübersichtlich. So ‚stolpern‘ wir zwischen den Gemäuern umher und machen uns recht bald ohne viel über diese Ruinen in Erfahrung gebracht zu haben, weiter nach Norden.

Der nächste Ort bezeichnet sich selbst als die Brot-Hauptstadt Perus. Elke springt aus dem Auto und kauft Brot ein. Dabei besichtigt sie auch gleich die Backstube mit dem Steinofen. Leider ist das Brot mit Zucker gebacken und etwas zu süß für unseren Geschmack. Da hält das große Plakat im Ort nicht ganz was es verspricht.

Wenige Kilometer später fahren wir durch den Ort Tipon zu den gleichnamigen Ruinen Anlagen. Die Straße ist steil und eng. Lkw und Busse dürfen hier nicht fahren. Gut dass Antares ein Wohnmobil ist. Doch die tief hängenden Kabel, welche die Häuser mit Strom versorgen, hängen des Öfteren im Weg, so ist höchste Aufmerksamkeit gefragt. Auch auf dem kleinen Parkplatz ist es eng. Als sich ein Kleinbus an mir vorbei in meine Parklücke drängelt, stelle ich mich einfach vor ihn und gehe fort. Das findet der Peruaner, der seine Gäster gerade in Richtung Ruinen entsandt hat, gar nicht lustig und bietet mir an, dass ich doch dort hin fahren könne und er sich nebenan hin stellt. Geht doch!

In der Anlage von Tipon wurde früher auf großen terrassenförmig angelegten Plantagen Getreide und Gemüse angebaut. Ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem sorgt für ausreichend Wasser in der sonst so trockenen Gegend. Für uns wird insbesondere die Luft dünn, wenn wir in diesen Höhenlagen die umliegenden Hänge erklimmen um das gesamte Bauwerk in Augenschein nehmen zu können.

Über die enge Serpentinen-Straße geht es wieder zurück ins Tal und weiter nach Cusco. Hier wird die Fahrt nicht weniger anstrengend. Der Teer ist von den schweren Lkw mit bis zu 20cm tiefen Spurrillen versehen worden. Da gilt es auch bei Antares‘ großen Rädern gut aufzupassen um keinen Schaden anzurichten. Die Straße hat so zirka drei Spuren. Genau weiß das vermutlich keiner. Hier fährt jeder wie er will. Ich will abbiegen und es geht die Bergflanke hinauf. Irgendwie fehlt uns Power um zügig voran zu kommen, doch auch langsam erreichen wir den Campingplatz, wo wir zwei Schweizer wiedertreffen, die wir bereits aus La Paz kennen. Jetzt ist erstmal Erholung angesagt.

Wir bleiben ein paar Tage in Cusco, besichtigen die Stadt und die nahegelegenen Ruinenanlagen sowie einige Museen, welche mir jedoch wenig gefallen und sich oft in dunklen Keller-Löchern befinden. Bei der Kathedrale San Cristobal findet am Wochenende ein Fest mit sonntäglicher Prozession statt. Hier gibt es unzählige Garküchen, die von Kartoffeln bis zum frittierten Meerschweinchen alles anbieten. Auch wir probieren die lokalen Gerichte. Jedoch nicht jene, wo wir wissen dass wir sie nicht genießen würden.

In den Ruinen-Anlagen von Sacsaywaman treffe ich auf tausende Touristen, welche sich alle im Wettstreit um die besten Fotomotive befinden. Und tatsächlich ist dies keine entspannte Besichtigung, sondern eine Massenveranstaltung ersten Grades. Lediglich in dem zirka 20m langen, unbeleuchteten Tunnel bin ich alleine. Zumindest denke ich so, als ich mir nur mit dem Sucher-Licht der Kamera den Weg durch den engen Fels bahne. Kurz vor dem Ausgang hat sich ein kleiner Junge, der in einer Fels-Nische steht, den Spaß gemacht mich zu erschrecken. Andere Besucher hingegen waren erstaunt, als ich aus dem dunklen Tunnel auftauchte.

Am kommenden Tag steht noch die Besichtigung der Inka Anlage Qenqo an. Doch so langsam erscheinen mir die Steinmauern alle annähernd gleich auszusehen.

 

 

08 Pisac / Moray

Nach einigen Tagen auf dem Camping Quinta Lala machen wir uns gemütlich auf den Weg nach Pisac. Hier wollen wir am Nachmittag ankommen und möglichst über Nacht bleiben. Die Anfahrt führt uns durch ein Tal, in dem wir seit Langem mal wieder unter 3.000m Höhe kommen. Dann führen Serpentinen hinauf zu einer der schönsten und beeindrucktendsten Anlage, die wir bislang besuchen. An drei Orten gibt es Ruinen von Häusern welche noch recht gut erhalten sind. Dazwischen liegen im Bereich großer Höhenunterschiede diverse Terrassen, auf welchen damals landwirtschaftlich angebaut wurde. Wir genießen eher den Ausblick vom Rundweg, welcher sich eng an den Felswänden und sogar durch einen kleinen Tunnel schlängelt. Die Aussicht ist atemraubend.

Elke schlägt vor, noch heute weiter zu fahren bis Moray. Eine gute Idee, denn 71km sollten wir in zwei Stunden vor Sonnenuntergang gut schaffen. Doch die Straße lässt kaum mehr als 40km/h zu und nach der Fahrt ins Tal geht es auf der anderen Seite wieder rauf. In Marsa führt der einzige Weg durch den engen Ort. Kniffelig wird es als wir von einer Gasse rechtwinkelig in die nächste Gasse abbiegen müssen. Hier geht es ohne Rangieren nicht weiter. Hinter uns der Linienbus. Dann steht ein Lkw im Weg. Wir müssen die Spiegel anklappen um vorbei zu kommen. Kurz darauf eine Baustelle. Die Hälfte der Straße ist aufgebaggert um eine Erdleitung zu verlegen. Wir rangieren über den Aushub und kommen nur so eben mit dem Hinterrad am tiefen Loch vorbei. Eine Beschilderung gibt es hier nicht, so dass wir uns bei den Locals erkundigen wo es entlang geht. Selbst eine stumme Frau ist hilfsbereit und weist uns den Weg. Eine gute, jedoch schmale Piste führt uns zum Ziel. Jedoch nicht, ohne dass wir zweimal mit dem Gegenverkehr gegenüber stehen und dieser zurück fahren muss.

Es dämmert bereits als wir auf dem Parkplatz ankommen. Es ist ziemlich windig. So viel Wind haben wir schon lange nicht mehr gehabt. Doch wir machen es uns bei leckerem Abendessen und einem Bier gemütlich und ich schreibe Reisebericht.

 

09 Moray / Salinas de Maras / Ollantaytambo

Früh am Morgen, noch vor dem Frühstück, spazieren wir die wenigen Meter zu den Terrassen von Moray, die wir zu dieser Tageszeit ganz für uns haben. Wir treffen nur eine Handvoll Arbeiter, die sich in dieser Idylle neben ihren Spitzhacken und einem mitgebrachten Kofferradio erst einmal auf dem Boden ausruhen, bevor sie ihr Tagewerk beginnen. Die schwungvoll in einer geschützten Vertiefung angelegten Terrassen sollen alle im riesigen Inka-Reich vorhanden gewesenen Klimazonen simulieren können. Aus diesem Grund seien hier landwirtschaftliche Experimente zu Forschungszwecken durchgeführt worden. Die Kreise, die gar nicht exakt symmetrisch verlaufen, strahlen trotzdem eine große Harmonie aus. Man würde sich am liebsten zu den Arbeitern gesellen und halb liegend, halb sitzend, warten, bis die Sonne die Schatten vertrieben hat.

Nach einer Stärkung brechen wir jedoch zu den beeindruckenden Salzterrassen von Maras auf. In Hunderte von Becken, die ebenfalls bereits in der Inka-Zeit angelegt worden waren, wird salzhaltiges Wasser geleitet, das durch Sonneneinstrahlung verdunstet, wodurch das Salz gewonnen wird. Sowohl Männer als auch Frauen und Kinder schöpfen, oft mit bloßen Händen und barfüßig (!) das „weiße Gold“.

Auf unserem Rückweg von Moray halten wir auf einer vom Getreide blond gefärbten Ebene, um uns mit Feldarbeitern zu unterhalten, die uns bereits bei der morgendlichen Hinfahrt mit Bierflasche in der Hand zugewunken haben. Als ich jedoch aussteige, finde ich ihr „Camp“ leer und nur eine halbleere Flasche Pisco vor. Sie sind auf dem Feld mit dem Mähdrescher am Werk, mit dem sie ihre Ernte, eine Weizenart, sofort in weiße Säcke füllen. Bemerkenswert finde ich bei näherem Hinsehen, dass die Aufschrift der herumliegenden Säcke den Inhalt als „Soja“ und „aus Bolivien“ stammend beschreibt. Wir lassen diese Frage offen und setzen unseren Weg fort.

In Urubamba treffen wir zufällig auf Bekannte, mit denen wir uns in Cusco angefreundet haben. Sie führen ein Hotel in Martinique und waren nicht nur jahrelang per Camper sondern vor allem per Segelboot unterwegs. Das interessante Drei-Generationen-Gespann besteht aus französischem Ehemann, vietnamesischer Frau, ihrer dreißigjährigen Tochter und deren fünfjährigem Sohn. Nach einem deftigen Mittagessen verabschieden wir uns mit der Hoffnung auf ein Wiedersehen.

Seit dem Titicacasee beeindruckt uns die Loyalität, mit der die Bevölkerung sich ihre Häuserwände mit den Werbeslogans und Symbolen ihrer bevorzugten Partei bemalen lässt. 2016 gibt es Präsidentschaftswahlen und so wird bereits jetzt die Werbetrommel gerührt, auch für Bürgermeister und Bezirkshauptleute. Während die Mottos eher Vorhersehbares, wie „mehr Gerechtigkeit, Ehrlichkeit, Arbeit und Produktivität“ in Aussicht stellen, ziehen die für bestimmte Politiker gewählten Symbole unsere Aufmerksamkeit auf sich. Sie reichen von einem spitzen Cocablatt, einer friedlichen Panflöte und einem rot-weißen Fußball über eine kommunistisch angehauchte Spitzhacke und einem roten Gockel zu einem energischen Indianerprofil mit Tomahawk.

In Ollantaytambo angekommen, besteigen wir anstatt der bereits im Schatten liegenden, hoch über der Stadt thronenden Inka-Festung den gegenüberliegenden Berg, auf dem imposante Getreidespeicher angelegt waren. Den noch steileren Aufstieg zur Festung mit den Tempeln gehen wir morgen an.

 

10 Ollantaytambo / Thermen Cconoc

Am Morgen ist der Parkplatz fast wieder leer. Das bedeutet auch, dass noch keine Touristen angekommen sind. Also ist unsere erste Aktion, die Ruinen von Ollantaytambo zu besichtigen. Eine ganz schöne Kletterei, denn Elke meint wir müssen unbedingt auch den Berg, an dem die Ruinen liegen, besteigen. Die von den Inkas angelegten Treppen entsprechen in unserem Weltbild eher einer Leiter und Geländer gab es zu jener Zeit auch keine. Die Gebäude und Etagen für den Ackerbau liegen ganz schön eng und schmal am steilen Hang.

Kurz vor Mittag kommen wir zum Parkplatz zurück und wollen aufbrechen. Doch kurz zuvor hatte ein Lkw Schotter für die Parkplatz-Zufahrt gebracht. Jetzt kommt kein Bus oder anderes Fahrzeug rein oder raus. Auch wir nicht, denn vor dem Tor und auf der Durchgangsstraße hat sich inzwischen ein regelrechtes Verkehrschaos gebildet. Hektisch fangen einige Burschen mit Schaufeln an, die Haufen zu verteilen. Mit viel Schwung, durchdrehenden Rädern und fliegenden Steinen mühen sich nach einer halben Stunde die ersten Sprinter mit Touristen beladen ihren Weg. Zum Glück kommt dann ein Radlader, welcher die Misere zügig beseitigt.

Wir fahren Richtung Norden aus dem Ort um dort die neue Umgehungsstraße zu nutzen. Diese führt am Fluss und am Bahnhof entlang, wo die Züge nach Machu Pichu auf ihre Abfahrt warten. Auch wir fahren nach wenigen Kilometern wieder von der Asphaltstraße ab und biegen in ein enges Tal ein. Hier fährt auch die Eisenbahn hinauf. Ein Schild an der Zufahrt besagt, die Piste ist Montag bis Freitag von 7:00 bis 16:00 Uhr und Samstag von 7:00 bis 12:30 Uhr gesperrt. Wir fragen bei einem Einheimischen nach und der sagt, wir können ruhig fahren, heute seien keine Arbeiten. Die Piste sei durchgängig so gut wie die Zufahrt. Also fahren wir weiter. Ein schönes, schmales Tal in dem sich die Piste den wenigen Platz mit der Eisenbahn und einem Fluss teilt. Erneut stehen Schilder am Wegesrand, dass die Piste gesperrt sei. Tatsächlich kommen wir in eine Baustelle, wo offensichtlich gerade erst die Piste neu angelegt wird. Und dann stehen wir vor einem Berg aus Abraum. Die Raupe steht oben am Berg und hat Mittagspause. Auch wir müssen nach einem Gespräch mit einem Bauarbeiter warten. Ab 16:30 Uhr soll die Piste wieder befahrbar sein. Also kochen wir unser Mittagessen und schauen den Arbeitern zu, als diese ihre gefährliche Arbeit am porösen Steilhang wieder aufnehmen. Dort wo die Raupe nicht hinkommt, erledigt ein am Seil gesicherter Arbeiter den Job und bricht mit einer Brechstange den Fels los. Der Baustellen-Hund freut sich über schweizer Würstchen. J

Wie versprochen geht es pünktlich weiter. Die nächsten Kilometer geht es über eine schmale Piste am Steilhang entlang. Es dauert nicht lange, bis uns ein Bus entgegen kommt und ich zurücksetzen muss, damit wir einander passieren können. Später wird die Piste jedoch sehr gut und ich denke dass diese in absehbarer Zeit asphaltiert wird. Die Trassenführung der Eisenbahn führt hier sogar im Zickzack, um den Höhenunterschied zu managen.

Als wir wieder auf recht gute Straße kommen, wird es bald dunkel. Wir beschließen dennoch weiter zu fahren, um in geringere Höhen zu kommen. Von fast 4.000m geht es in unzähligen Serpentinen talwärts, bis wir zur Einfahrt des Thermalbades Cconoc kommen. Jetzt folgen wir der 3 km langen Zufahrtsstraße, einer schmalen, staubigen Piste mit sehr engen 180°-Kurven, ins Tal. Wir können neben der Piste nichts sehen. Das ist sicherlich auch gut so, denn es geht vermutlich steil abwärts. Kurz vor dem Ziel müssen wir uns noch unter ein paar niedrigen Bäumen hindurch quetschen und dann auf dem schrägen Platz, unweit der Pools mit den lauten Besuchern, ausnivelliert einparken.

 

11 Chalhuanca

Bereits früh morgens kommen die ersten Gäste und Kinder vergnügen sich aktiv im Thermalbad. Wir hingegen machen uns auf den Weg gen Westen. Die steile Piste wieder rauf und dann auf der PE-30A Richtung Abancay, wo wir nach einer Passüberquerung zur Mittagszeit eintreffen. In einer Garküche gibt es nur ein Menü, doch das wird schnell serviert und schmeckt uns gut. Dann geht es durch den Ort und weiter durch ein schönes Tal am Fluss entlang. Bevor wir die 3.000 m Marke erreichen, parken wir auf dem Gelände eines Kieswerkes. Heute kommen wir mal im Hellen an.

Dem aufmerksamen Leser mag aufgefallen sein, dass wir unsere Route nach Süd-Westen eingeschlagen haben ohne Machu Pichu einen Besuch abgestattet zu haben. Aber der Weg nach Santa Teresa ist langwierig und der Fußmarsch von Hydro Electrica über Agua Calientes und hinauf zum Machu Pichu ist sehr lang. Die Fahrt mit dem Zug und Bus ist neben dem Eintrittspreis überzogen teuer. Da wir in den letzten Tagen viele Inka Ruinen angeschaut haben, ist die Entscheidung gegen Machu Pichu gefallen. Statt dessen wollen wir uns noch ein paar andere, weniger touristische, Orte anschauen.

 

12 Nazca

Mit zwei Dosen Bier verabschieden wir uns von unseren Gastgebern und machen uns auf die 350 km lange Strecke. Eigentlich sollte das in einem Tag zu schaffen sein. Doch die vielen Kurven, die nach je 200 m zur Verlangsamung nötigen und die Pässe mit über 4.500 m sowie vier Vollsperrungen wegen Straßenbauarbeiten lassen jede Zeitplanung dahin schmelzen.

Unterwegs kommen uns zwei bekannte Schweizer entgegen, die gerade auf Umwegen von Machu Pichu zurückkommen und davon recht angetan sind. Nach einem kurzen Plausch verabschieden wir uns und fahren weiter.

Es wird bereits dunkel, als wir kurz vor Nazca einen Übernachtungsplatz an einem trockenen Flussbett einnehmen. Bis in die Stadt schaffen wir es im Hellen nicht mehr. Geschafft von der langen Fahrt fällt es mir schon schwer ein paar Steine zusammenzulegen, auf die wir uns stellen um gerade zu stehen. Am Ende des Tages sind wir 4.827 m bergauf und 6.900 m bergab gefahren. Die Zahl der Kurven habe ich nicht gezählt. Es wäre aber bestimmt auh eine vierstellige Zahl.

 

 

13 Nazca / Palpa

Oh, der Tag beginnt bescheiden. Ich fühle mich gar nicht wohl. Aber wir wollen ein paar Kilometer, bis zu den Lineas de Nazca, weiter fahren. Dort angekommen, stellen wir fest, dass sowohl von dem Aussichtsberg, als auch von dem Aussichtsturm, auf den immer nur 10 Leute dürfen, kaum etwas zu sehen ist. Auf der Berg hatte ich das Standard-Objektiv dabei und konnte in der Ferne nichts erkennen. Auf dem Aussichtsturm hatte ich das Tele-Objektiv montiert und die zwei erkennbaren Motive liegen direkt unter uns, so dass ich sie auch nicht ‚einfangen‘ kann. – Es ist nicht mein Tag.

Elke stattet dem Museum Maria Reiche einen Besuch ab und dann fahren wir zu den Lineas de Palpa. Als Elke sich die Figuren auf den gegenüber gelegenen Hügeln ansieht, beschließe ich, dass wir doch heute hier übernachten, statt unter Zeitdruck bis nach Ica zu fahren. Mit dem sehr schwer verständlichen Turm-Wächter und Aufseher verständigen wir uns, dass wir auf dem Platz übernachten dürfen. Um 17:30 Uhr hat er Feierabend und verabschiedet sich. Am kommenden Morgen weckt er uns um 7:00 Uhr ebenso lautstark.

 

14 Palpa / Ica / Oase Huacachina / Nationalpark Paracas

Heute bin ich wieder wohlauf und hole die Besichtigung der Figuren von Palpa nach, welche ich gestern ausgelassen hatte. Bei Morgenlicht sind sie sehr gut zu erkennen. Besser als beim Gegenlicht der Abendsonne. Hier sind Motive weitaus besser zu erkennen als in Nazca und der Besuch hat sich gelohnt.

Weiter geht es durch einige grüne Täler in denen u.a. Wein angebaut wird. Hinter dem Grün erstrecken sich jedoch unendliche Wüstenlandschaften und schroffe Berge. Über die PanAm kommen wir nach Ica, wo wir auch am heutigen Sonntag einen offenen Supermarkt vorfinden. Sonntags ist in den Städten nicht ganz so viel los und so ist dieser Wochentag zum Einkaufen immer recht angenehm.

Anschließend geht es zur unweit gelegenen Oase Huacachina. Riesige Sanddünen zäumen die kleine Oase ein. Leider befindet sich um den Wasser-Flecken ein ‚Ring aus Beton‘. Hotels, Restaurants und Shops haben sich hier mit einer Uferpromenade ebenso angesiedelt wie Tour-Anbieter, welche mit Strand-Buggys Touristen auf die Dünen fahren oder Sand-Boards für eine Abfahrt von Selbigen verleihen. Ich mühe mich durch eigenen Kraft auf eine der Dünen und blicke in einen Sandsturm, der gerade vorbei zieht und die Sicht auf wenige hundert Meter reduziert.

Der Parkplatz an dem wir stehen ist auch Herberge von einer Menge Müll und so fahren wir weiter. In Richtung Meer, wo der Nationalpark Paracas liegt, habe ich bereits den Sand in der Luft gesehen. Doch als wir uns der braunen Wolke nähern, sind wir überwältigt. Ein ausgewachsener Sandsturm spielt sich gerade vor unseren Augen ab. Faszinierend! Doch was tun? Abwarten oder in den Sandsturm hinein und hoffentlich hindurch fahren? Da es neben der teils schlechten Piste nur Weichsand gibt, fahren wir weiter. Es wird dunkel gelb bis braun um uns herum. Der Sand fegt mit dem Sturm um Antares herum. Die Kilometersteine zeigen nur ein langsames Vorwärtskommen an. Doch nach einiger Zeit wird es wieder heller und der Sand weniger. Dafür wird die Luft feuchter – wir nähern uns dem Meer.

Als wir das aufgepeitschte Meer erblicken, sehen wir auch ein paar Wanderdünen, welche sich über die Piste her gemacht haben. Nach einem Erkundungsgang ist klar, wir müssen sie umfahren. Und der Sand ist größtenteils fest. Da es jedoch abschüssig ist, kommen wir auch durch die weicheren Sandpassagen gut durch, ohne langwierig Luft ablassen zu müssen, denn es wird gleich dunkel.

Nach einem kurze Stück Offroad entlang der Küste finden wir einen Stellplatz für die Nacht. Der Wind ist vergleichbar stark mit dem in Patagonien. Da immer noch sehr viel Sand in der Luft liegt, können wir kaum ein Fenster öffnen ohne einzusanden. Eine unruhige Nacht steht uns bevor.

Diese Zeilen waren bereits geschrieben, als wir zu fortgeschrittener Stunde eine aufdringliche Autohupe hören. Wir schauen raus und sehen einen Geländewagen frontal, in 20 m Abstand, Strand-seitig, vor Antares stehen. Mit Fernlicht werden wir geblendet. Das sieht nicht nach einer freundlichen Einladung aus. Das Fahrzeug wendet und kehrt sich kurz darauf wieder uns zu. Erneutes Hupen und Fernlicht soll unsere Aufmerksamkeit erwecken. Nun steigen einige Personen aus und bewegen sich mit Taschenlampen um ihr Fahrzeug sowie auf die umliegenden Dünen hinauf. Ich kann nicht erkennen wie viele es sind, doch mindestens drei Personen sind mir aufgefallen. Es fallen vier Schüsse. Platzpatronen, oder nicht? Ich treffe einige Vorsichtsmaßnahmen für den Fall der Fälle. Von einem Freund hatte ich erst heute gelesen, dass es hier im Park zu Überfällen kommen soll. Wir verhalten und weiter ruhig und geben uns nicht zu erkennen. Vielleicht ist den bösen Jungs unwohl nicht zu wissen wie viele ‚Soldaten‘ in Antares sind mit denen sie sich abmühen müssen. Auf jeden Fall brausen sie nach einiger Zeit mit lautem Motorengeräusch an uns vorbei davon. Für mich/uns war dies ein Weckruf, denn bislang hatten wir überraschend immer sehr viele positive Erfahrungen gemacht und nie ein ernsthaft unwohles Gefühl irgendwo zu übernachten. Das hat sich soeben geändert.

 

15 Languniallas, Nationalpark Paracas

Am nächsten Morgen zeigt sich der Nationalpark wieder ruhiger. Sowohl von Seiten der Menschen (keine da) als auch vom Wetter, denn der Sturm hat sich gelegt und nur die an Antares haftende Sandschicht erinnert an das Getöse von gestern.

Obwohl Elke gern hier geblieben wäre, fahren wir weiter. Dieser Ort hat keinen schönen Eindruck bei mir hinterlassen. Die Fahrt wird mehr und mehr zu einer Offroad Wüstentour. Wer dies noch nicht aus anderen Wüsten-Ländern kennt, kann hier seine Erfahrungen mit Sandfahrten machen oder diese erweitern. Die Piste ist nach dem Sandsturm auch nicht mehr gut zu erkennen und so suchen wir uns eine Route Richtung Norden.

Irgendwann wird die Piste mal wieder besser, als wir zu einer Lagune kommen, wo sich industrielle Einrichtungen befinden. Kurz darauf tauchen auch schon die ersten Touristen auf. Leider sind die Parkplätze hier auch nicht mehr so einsam wie gedacht. Nach langem Suchen schlagen wir uns querfeldein in die Sandlandschaft und campieren auf den Klippen mit einer herrlichen Aussicht.

 

16 Divemotor, Lima

Im Nationalpark treffen wir noch ein Paar aus Österreich, die heute ihren letzten Tag mit dem Miet-Camper in Peru verbringen und morgen zurück fliegen. Wir machen uns auch auf den Weg nach Lima. Größtenteils geht es über gut ausgebaute Autobahn aber durch öde Landschaft mit nur wenigen Oasen entlang der Flussläufe.

An der südlichen Zufahrt in die Stadt sehen wir eine Werkstatt mit dem bekannten Stern. Hier biegen wir ab um das Problem Kaltstart in Höhenlagen untersuchen und beheben zu lassen. Heute reicht jedoch die Zeit nicht mehr aus und so dürfen wir auf dem bewachten Parkplatz von Divemotor übernachten.

 

17 Club Germania, Lima

Am kommenden Morgen beginnen Andres und David mit der Fehlersuche. Aber auch am späten Nachmittag haben sie nichts gefunden und so ist es bereits dunkel, als wir uns, etwas enttäuscht vom Ergebnis des Tages, wieder auf den Weg machen. Unser Ziel ist der Club Germania, welcher im besseren Stadtteil Miraflores liegt. Die Fahrt durch den Feierabendverkehr ist anstrengend. Insbesondere da es zu nieseln begonnen hat. Nach einer kleinen Irrfahrt erreichen wir unser Ziel. Jedoch ist es zu spät und die verantwortliche Dame ist nicht mehr zugegen. Somit bleibt uns nichts anderes übrig, als am Straßenrand zu übernachten, denn die Security-Leute sind sehr streng und lassen uns ohne ‚Genehmigung von oben‘ nicht rein.

 

18 Reserva National Lachay

Von Stacheldraht- und Elektrozäunen sowie dem Bezahlen der Brötchen durch Panzerglas, an die dahinter befindliche Kasse, habe ich inzwischen genug. Die Aussagen von Jo, einem seit Langem hier lebenden Deutschen, tragen auch nicht zu meiner Beruhigung bei. Nach ein paar Tagen geht es also weiter. Leider ohne Elke, die in Lima bleibt um von hier aus in ein paar Tagen nach Hause zu fliegen. Ein schmerzhafter Abschied.

Es dauert Stunden bis ich die Metropole Lima mit ihren zirka 10 Mio Einwohnern auf der PanAm Richtung Norden hinter mir gelassen habe. Es geht weiter durch trostloses Wüstengebiet an der Küste entlang. Doch dann erblicke ich rechts an den Bergen ein saftiges Grün. Hier liegt der Nationalpark Lachay. Der Küstennebel ermöglicht eine dichte Vegetation. Auf Wanderwegen kann man den Park erkunden. Leider sehe ich nicht sehr viel, da immer wieder dichter Nebel aufzieht. Gepaart mit dem frischen Wind bin ich froh eine dicke Jacke angezogen zu haben. Nach zwei Stunden habe ich den großen Rundweg hinter mich gebracht aber kaum etwas gesehen außer den Pflanzen am Wegesrand und viel Matsch auf den glitschigen Wegen. Dafür wird es schön still, als die Reisebusse mit den Schulklassen verschwinden.

Zu später Stunde fahren noch zwei Autos vorbei. Letzteres gehört der Polizei, was an diesem einsamen, nebligen und etwas gespenstisch wirkenden Ort ein wenig Beruhigung bringt.

 

19 Caral

Am Morgen blicke ich in ein unendliches Weiß – dichter Nebel. Hinzu kommt leichter Regen. Dieser Niederschlag ermöglicht überhaupt erst das satte Grün in dieser von Wüste umgebenen Oase der Vegetation. Dennoch zieht es mich weiter. Wenn es nichts zu sehen gibt, will ich auch nicht hier in der Feuchtigkeit sitzen.

Ein Stück die PanAm nordwärts biege ich rechts ab und folge kurz darauf einer Piste zwischen Erdbeerfeldern hindurch. Es geht über Kies und Geröll in die Berge. Nach einigen Kilometern erreiche ich ein Schild, welches Privatgrund ankündigt. Ein Mann kommt auf mich zu, der vermutlich mehr Patronen in seinem Revolver hat der im Hosenbund steckt, als Zähne im Mund. Er will mich nicht weiter fahren lassen. Zwei jüngere Männer folgen und diskutieren mit mir über das wieso und wohin. Nach einem kleinen Zuschuss zum Mittagessen darf ich weiterfahren. Es geht durch eine einsame und unbewohnte Berglandschaft. Nach einer Passüberquerung erreiche ich, sozusagen durch die Hintertür, eine Orangenplantage. Die beiden Security Leute die mir am heutigen Sonntag auf ihrer Patrouille entgegen kommen, wenden prompt und folgen mir. Dann halten sie neben mir und bieten mir an mir zu zeigen wo es hier raus geht. Die Piste wird sehr schmal und Bäume reichen mit ihren sperrigen Ästen in den Weg. Es geht holprig durch ein Flussbett mit dicken Felsen und diagonal über schmale Brücken. Auf den Feldern liegen noch die geernteten Maiskolben. Sie sind bereits aus ihrem Schutzmantel gepellt und liegen gehäft zum Einsammeln bereit.

Dann ist es nicht mehr weit bis zu den Pyramiden von Caral. Hier gibt es einen großen Parkplatz, welcher kaum belegt ist. Ideal für eine Übernachtung. Doch erst will ich mir die 5.000 Jahre alten Pyramiden ansehen. Dies geht leider nur mit einem Guide, der aber erst ab acht Personen Gruppenstärke mitgeht, obwohl die Gruppe den gleichen Preis für den Guide aufbringen muss. Zuzüglich zum individuellen Eintrittspreis versteht sich. Letztendlich findet sich eine Gruppe zusammen und los geht’s. Es sind mehrere Pyramiden zu sehen, die gemeinsam die historische Stadt Caral bildeten – lange vor den Inkas lebte hier diese Kultur. Heute werden die Pyramiden restauriert um den Touristen mehr von den einst so imposanten Bauwerken zu zeigen.

 

20 Huaraz

Nach einer angenehm ruhigen Nacht mache ich mich wieder auf den Weg. Die Piste aus dem Tal ist mi Salz gebaut und somit fast so gut wie eine Asphaltstraße. Nur die Speed-Bumper ohne Hinweisschilder sind tückisch.

Es geht ein Stück auf der PanAm nordwärts und dann Richtung Huaraz. Erst langsam und dann relativ zügig geht es auf über 4.000m rauf. Die Cordillera Blanca glänzt bereits mit einigen Eis-bepackten Bergen der 6.000er Klasse. Leider ist es stark bewölkt. Ich bin versucht hier zu bleiben, zumal es zahlreiche einsame Pisten ins Hinterland gibt, doch ich weiß um das immer noch presente Problem von Antares mit der Höhenluft. Also fahre ich dem Fluss folgend nach Huaraz, wo ich auf akzeptablen 3.000m übernachten kann. Auch für mich, der von Meereshöhe kommt, nicht so ganz verkehrt. Obwohl mir die Anpassung an die Höhe weniger ausmacht als die Rückkehr in die ‚dicke Luft‘.

 

21 Parque Nacional Huascaran

Nach zwei Tagen in Huaraz geht es weiter. Aus der Fahrerkabine kann man die rechts liegenden Berge der Cordillera Blanca fast nicht sehen. Doch sie ragen spektakulär in die Höhe und halten dabei riesige Eismassen in Form von Gletschern an ihren Flanken.

In Yungay verlasse ich die Teerstraße und fahre auf einer sehr buckeligen Piste in Richtung Parque Nacional Huascaran. Es ist nicht steil aber eine schlechte Piste und so komme ich nur langsam voran. Bevor ich in den Nationalpark fahre, will ich eine Nacht an einer Lagune verbringen. Hier lädt ein weitläufiges Gelände zum freien Campen ein. Mit Blick auf die Gletscher-Berge und die kleine Lagune habe ich einen wunderbaren Platz gefunden. Wanderwege laden mich zu einer kurzen Wanderung ein. Die Luft ist schon wieder recht dünn geworden, merke ich.

 

22 Parque Nacional Huascaran / San Luis

Es ist nicht weit bis zum Eingang des Nationalparks Huascaran. Hier löse ich ein Tagesticket zu 10 Soles. Die Piste wird auch gleich etwas besser. Doch es ist sehr windig und kalt. Bei der super Aussicht muss ich aber immer wieder anhalten und Fotos machen. Im Park übernachten darf ich mit meinem Ticket nicht. Außerdem liegt der Park zu hoch als dass ich hier mit Antares übernachten wollen würde. Also geht es an den typischen Touristen-Zielen vorbei auf die Serpentinen reiche Strecke zum Pass. Wow. Eine super Aussicht. Alleine dafür hat sich jeder Aufwand um hier her zu kommen gelohnt. Die europäischen Alpen verblassen gegen den Anblick den die 6000er hier bieten.

Auch die Fahrt zum Pass macht super viel Spaß. An einer Engstelle ist es zu eng. Zumindest für die Trittstufe auf der Beifahrerseite. Zum Glück gibt sie etwas nach und so hält sich der Schaden in Grenzen.

Mittags überquere ich den Pass und auf der anderen Seite geht es über sehr viel schlechtere Piste wieder runter. Als ich aus dem Nationalpark raus bin, halte ich nach einem Übernachtungsplatz Ausschau. Doch die Piste führt beengt am Berghang weiter, ohne dass man abbiegen oder rasten kann. Links geht es viele hundert Meter in die Tiefe und rechts kratzen Bäume oder Felsen an Antatres Spiegel. Höhenangst sollte man hier nicht haben und schwindelfrei zu sein ist auch vorteilhaft.

Im ersten Ort sehe ich einen relativ großen Volvo Lkw stehen. So denke ich mir, ist ab hier die Straße/Piste breiter und alles wird gut. Doch der Lkw scheint hier ober zusammengebaut worden zu sein. Kurz darauf, als ich an zahlreichen Adobe-Häusern so nahe vorbei gefahren bin, dass ich ohne auszusteigen hätte anklopfen können, komme ich an eine Engstelle. Die Piste ist zur Hälfte vom Wasser des Baches weggespült worden. Zirka 20 Männer stehen 15m tiefer im Flussbett und legen das Fundament für eine neue Stützmauer. Ich lenke Antares erst an den Steinhaufen vorbei und dann 90° um die Kurve durch den Bach. Erst dann bemerke ich, dass die Hälfte der Straße fehlt. Mit Flatterband wurde die Stelle abgesperrt. Auf der rechten Seite verläuft ein Wasserlauf, da möchte ich auch nicht rein fahren. Also ganz nah an dem Kanal vorbei und hoffen dass der Rest der Straße nicht nachgibt. Da unten stehen 20 Männer die gleich mit verschüttet wären. Um Haaresbreite schieben sich die Räder am Flatterband entlang. Es hält und ich richte meinen Blick wieder nach vorn, bevor ich endlich wieder zu atmen beginne.

Es geht weiterhin über eine Erdpiste, die oft keine 3m breit ist und zwischen den Häusern und dem Hang hindurch führt. Ich sage mir: „Das kann doch nicht die Hauptstraße sein…“ – Doch, ist es aber! Es gibt keine andere Möglichkeit das zuvor passierte Dorf zu erreichen. Die Piste ist schmal und es kann definitiv nur ein Fahrzeug fahren. Gegenverkehr darf es hier nicht geben. Selbst bei zwei entgegenkommenden Pkws wird es eng. Doch der einzige Gegenverkehr den ich habe, ist ein Lkw! Bravo! Zum Glück gibt es hier eine Abzweigung, die ich zum Ausweichen nutze. Eigentlich führt die breitere Piste eben hier ab, doch ich denke mir, wenn der Lkw dort entlang gefahren ist, hat das wohl seinen Grund. Also fahre auch ich da rein, wo der Lkw raus kam. Es wird nochmals enger. Frauen, die am Wegesrand sitzen, müssen ihren Plausch mit der Freundin unterbrechen um mir Platz zu machen. Ich denke: „Der Lkw muss doch von 10 Minuten auch hier entlang gekommen sein!“. Doch es sieht so aus, als wäre hier seit Monaten niemand mehr gefahren. Entsprechend skeptisch schauen mich die Menschen an.

Stunden vergehen während ich Antares über schmale Pisten am Hang entlang lenke. Jetzt wäre es langsam an der Zeit nach einem Stellplatz Ausschau zu halten. Doch weit und breit keine Möglichkeit von der Piste abzufahren. Und in einer Ausweichbucht möchte ich nicht übernachten. Ein Schubs von einem unachtsamen Fahrzeuglenker und ich liegen 500 m tiefer im Flussbett. Nein danke.

Es wird bereits dunkel, als ich einen Platz am Straßenrand ansteuere, der gerade genügend Platz bietet um sicher zu stehen. In 9½ Stunden bin ich heute gerade mal 98 km weit gekommen.

 

23 Huaraz / Casma

So direkt an der Straße wird man früh morgens geweckt. Die Reisebusse donnern bereits vor Sonnenaufgang durch das peruanische Hochland. Ich bin verwundert, denn gestern hatte ich über Stunden kaum ein Fahrzeug gesehen. Und darum bin ich auch froh, denn das hätte unweigerlich sehr riskante Ausweichmanöver bedeutet, auf die ich gerne verzichte.

Also mache auch ich mich bereits um 7:00 Uhr auf den Weg. Gemeinsam mit den Kindern, die in einheitlicher Uniform zur Schule gehen, teile ich mir die Piste. Daneben noch das übliche Vieh, welches auf die Weiden getrieben wird.

Gestern Abend war weit und breit kein Stellplatz zu finden und heute Früh sehe ich gleich eine ganze Reihe möglicher Plätze, die ich gleich mal für die Nachwelt dokumentiere.

Zwei Orte weiter beginnt die Asphaltstraße. Endlich! Doch die relativ neue Straße hat an vielen Stellen Schäden durch geologische Aktivität der Erdkruste erhalten. Schnell fahren geht daher nicht. In einer 180°-Kurve bin auch ich von einer ca. 30cm hohen Stufe im Straßenbelag erwischt worden. Spätestens danach war ich wach.

Dann schraubt sich die Straße, auf der kaum Verkehr herrscht, in die Höhe. Leider sind heute die Gipfel Wolken verhangen. Dennoch ist die Kulisse riesig. Riesig sind die Berge auch im Vergleich zu den europäischen Bergen. Dort wo in der Schweiz die Gipfel ihr Kreuz tragen, liegt hier gerade mal die Talsohle. Die Berge ragen auf über 6.500 m Höhe empor und halten dabei riesige Mengen Gletschereis an ihren Flanken. Über zahllose Serpentinen nähern wir uns dem Eis. Als es „keinen Ausweg“ mehr gibt, führt ein Tunnel in 4.736 m Höhe, am Paso Olympica, drunter hindurch. Und auch auf der anderen Seite ist es nicht weniger spannend. Erst nach einer Stunde Abfahrt und einen Blick zurück bekommt man Gänsehaut, wenn man sieht wo man da gerade runter gefahren ist, so steil ist der Hang.

Es ist noch früh und so gibt es ein verspätetes aber ausgiebiges Frühstück. Dabei komme ich zu dem Schluss nicht nur nach Huaraz zu fahren, sondern den nächsten Pass auch noch in Angriff zu nehmen. Es ziehen dicke Regenwolken heran und schlechtes Wetter droht. Also durch Huaraz und gleich wieder rauf. Zu meiner Freude ist die Strecke komplett asphaltiert, denn ich hatte die Information bekommen, dass die Strecke komplett Piste sei. Egal, ich komme gut voran und erreiche vor dem Dunkelwerden die Ruinen Sechin. Hier will ich auf dem Parkplatz übernachten, wie auch schon andere vor mir. Doch der Security Mann schickt mich fort. Es sei zu gefährlich hier und er sei dann für mich verantwortlich. Ich darf nicht bleiben.

So ein Mist. Aber es hilft nichts. Also auf die PanAm und ein Stück weiter. Letztlich bleibt nach so einem tollen Tag nur eine Tankstelle, denn einen Platz am Strand will ich mir im Dunkeln nicht suchen müssen.

 

24 Huanchaco

Der einzige mir erkennbare Vorteil an einer Tankstelle zu übernachten ist der, dass man morgens sehr früh weiter fährt. Man ist zwar nicht ausgeschlafen, hat aber mittags bereits eine gehörige Strecke hinter sich gebracht. So bin ich zeitig zum Mittagessen in Trujillo, wo ich in einer riesigen Mall einkaufe und im Restaurant meinen Hunger stille bevor es zum Strand bei Huanchaco geht. Leider ist der zu dieser Jahreszeit immer gegenwärtige Hochnebel schon da und so ist es nur 20°C frisch und die Sonne lugt nur abends kurz unter den Wolken hindurch. Aber der Platz direkt am Strand ist toll, und ‚im Sommer‘ könnte man es hier schon eine Weile aushalten.

 

25 Chan-Chan / Mocupe

Nach einem ausgiebigen Frühstück mache ich mich auf den Weg nach Chan-Chan. Dann kommt auch die Sonne raus. Chan-Chan ist eine der größten Lehm-Städte Perus. Damit die Mauern nicht verwittern hat man einen Großteil davon überdacht. Das sieht zwar nicht schön aus, erhält jedoch die Substanz für kommende Generationen.

Imposant sind die vielen Gravuren und Prägungen, die sich in vielen Mauern finden. Die Muster wiederholen sich und stellen Kreuze, Fische, Netze oder andere Tiere dar. Doch am schönsten waren die Figuren, welche an zwei Stellen als Torwächter aufgestellt sind. Sie sehen aus wie überdimensionale LEGO-Männchen und sind dabei mannshoch.

Dann mache ich mich auf den Weg nach Norden. Tagesziel soll Sipan sein. Doch ich verschätze mich und laufe wieder einmal Gefahr in die Dunkelheit zu kommen. Auch ein näher gelegener Platz am Strand ist noch zu weit weg und so halte ich an einer Tankstelle, wo ich weiter hinten im Hof übernachten kann. Mal sehen wie viel Schaf ich heute bekomme.

 

26 Tucume

Eigentlich ist der Plan, kurz vor Chiclayo an den Strand zu fahren und dort einen Tag zu verbringen, denn am heutigen Montag haben einige Museen geschlossen. Leider ist der Strand wenig einladend und so komme ich nach Lambayeque, wo sich das neue Museum mit El Senior Sipan befindet. Leider am heutigen Tag geschlossen. Ich darf jedoch ab 18:00 Uhr auf dem besicherten Parkplatz übernachten. So lange will ich nicht warten. Also weiter.

In Tucume gibt es eine weitere Stadt mit Lehm-Pyramiden und Tempeln aus mindestens acht verschiedenen Epochen, welche ihre Bauten immer wieder über die vorherigen angelegt haben. Jetzt hat man die verschiedenen Schichten freigelegt. Riesige Blechdächer sollen die Überreste der Pyramiden vor dem weiteren Verfall bewahren.

Das Beste ist jedoch das neue Museum, welches erst kürzlich eröffnet wurde. Hier gibt es viele Informationen. Auch die Ruine Las Balsas bietet reichlich Informationen. Die anderen Ruinen sind eher enttäuschend. Vom Aussichtspunkt wandert der Blick über die Ruinen in die grüne Weite dahinter. Bis zum Horizont scheint es hier nun grün zu werden.

Es gibt viele Vögel hier. Ich freue mich bereits auf das Heulen der Eulen und den Gesang der Vögel am Morgen. Doch zuvor kreischt die Alarmanlage des neuen Museums unaufhörlich durch die Nacht. Ich bin froh, als der Nachtwächter irgendwann das Ding abschaltet.

 

27 Rio Chamaya

Morgens zwitschern dann doch die Vögel. Bevor die Touristen kommen, mache ich mich auf den Weg. Den Weg zum „Bosque de Pomac“ spare ich mir und fahre Richtung Nord-Ost. Es geht wieder in die Berge und dann entlang eines schmalen Tals in dem Reis angebaut wird. Hier führt der Rio Chamaya genügend Wasser für eine ergiebige Landwirtschaft. Inzwischen merke ich auch, dass ich nur noch gute 5° vom Äquator entfernt bin, denn es wird mit weit über 30°C recht warm.

Ein Tipp lotst mich abseits der Straße auf die andere Flussseite zu einem ruhigen Plätzchen für die Nacht. Als ich warmes Wasser zum Duschen machen will, frage ich mich „Warum?“. Erfrischung tut gut.

 

 

28 Cocachimba - Gocta Wasserfall

Das war wohl die heißeste Nacht seit langer Zeit. Selbst morgens um 7:00 Uhr zeigt das Thermometer noch 26°C an. Willkommen in den Tropen. Ich krame gleich mal eine kurze Hose raus.

Peruanische Nummernschilder haben immer sechs Zeichen. (Buchstabe, Ziffer, Buchstabe, Leerzeichen und drei weitere Ziffern). An einer der Mautstellen war der Kassierer mit meinem Kennzeichen, bestehend aus acht Zeichen, derart überfordert, dass er mich ohne zu Zahlen durchwinkt. Das Kennzeichen wird nämlich sonst im Computer erfasst und steht somit auf dem Maut-Ticket.

Mein heutiger Weg führt mich nach Cocachimba, einem kleinen Dorf, das wohl nur wegen des unweit gelegenen Gocta Wasserfalls bei Touristen bekannt ist. Die Zufahrt über die 6 km lange Piste ist nur zu Anfang nervenaufreibend, als die Fahrbahn weniger als 3 m schmal wird. Dafür ist im Ort ein neuer Parkplatz angelegt worden auf dem wir gut stehen können. Ein Local ist sehr hilfsbereit und hält mit einer Stange das tief hängende Kabel hoch, so dass Antares drunter hindurch passt.

In der Mitte des Ortes liegt ein grüner Platz, welcher auch als Fußballplatz dient. Am diagonal anderen Ende befindet sich der Ticket Shop. Mit dem Ticket finanziert man den gut unterhaltenen Wanderweg zum Wasserfall. Etwas mehr als 5 km sind es bis zum Fuße des in zwei Stufen herabstürzenden Wasserfalls, welcher mit einer Gesamthöhe von 770 m der dritthöchste Wasserfall der Welt sein soll.

Leider ziehen bereits schon den ganzen Tag immer mehr Wolken auf und als ich gerade zurück bin, beginnt es zu tröpfeln.

 

29 Leymebamba

Eine herrlich ruhige Nacht liegt hinter mir. Und die Aussicht beim Frühstück ist grandios. Die Berge haben steile Flanken und lassen den Tälern nur wenig Platz. Es ist gerade genug für den Fluss und eine schmale Straße. Zum Glück ist sie asphaltiert, wenn auch oft nur weniger als 3 m breit, denn der Fluss kämpft ständig mit den Straßenbauarbeitern um die Besitzverhältnisse des Landes und nimmt es ihnen samt Straße weg. Die Brücke ist bereits mit Holzbalken abgestützt um die Traglast zu erhöhen.

Kurz vor Leymebamba steht kleiner Lkw am Straßenrand und blockiert so die Straße. Der Fahrer ist zum Mittagessen im Dorf. Also muss ich warten bis er zurückkommt. Dann will er mich zwar überreden ich solle doch durch den Ort zu fahren, darauf habe ich aber keine Lust, denn für Schwerverkehr, und das ist man hier bestimmt schon ab 2 Tonnen, darf man nicht durch den Ort fahren. Also will ich es erst gar nicht probieren. Widerwillig setzt er seinen Kleinlaster zur Seite und ich kann passieren.

Kurz darauf muss ich eh durch das Zentrum von Leymebamba. Dies ist bereits eng genug. Dennoch treffe ich am Dorfplatz einen Dreiachser an. Am Ortsausgang befindet sich die Tankstelle. Man muss ebenfalls auf der Straße stehen bleiben und wird dann von einer der zwei sich im Schuppen befindlichen Zapfsäulen versorgt. Was da wohl raus kommt?

Noch 5 km weiter bin ich am Ziel. Das Museum des Ortes. Hier sind die Mumien ausgestellt, welche man an der Laguna de los Condores, etwa 10 Stunden Fußmarsch von hier, gefunden hat. Das Museum ist nicht günstig, aber auch von sehr guter Aufmachung. Einige Beschreibungen sind sogar auf Deutsch, denn die Ausgrabungen der Mumien fanden mit österreichischer Unterstützung statt.

 

30 Patacon

Heute geht so einiges schief und daran möchte ich mich erst gar nicht erinnern müssen um es aufzuschreiben. Daher gibt es hier heute nichts.

 

31 Lobitos

Es geht wieder heraus aus den Bergen und in Richtung Meer. Die Strecke bis Olmos kenne ich bereits. Dann fahre ich durch eine teils grüne, teils trockene Landschaft. Der Boden besteht aus Sand. Erstaunlich, dass hier Bäume wachsen. Obwohl viele von ihnen abgestorben aussehen und auch kein Laub mehr tragen.

In Piura freue ich mich darauf im Tottus mal wieder richtiges Brot kaufen zu können. Ansonsten erinnert mich die Stadt an West-Afrika. Ab hier sehe ich auch wieder viel Müll in der Landschaft. Teilweise stinkt es erbärmlich. Ich bin also motiviert wieder eine längere Etappe zu fahren. Aufhalten tut mich nur die Polizei. Meine erste Polizei-Kontrolle in Peru. Sie wollen alle Unterlagen sehen und lesen auch das Kleingedruckte der Versicherungspolice. Doch dann darf ich ohne Beanstandungen weiter fahren und der Polizist erleichtert sich erstmal im Gebüsch.

Es wird bereits dunkel, als ich nach Talara komme. Ich probiere am Lokalflughafen im gesicherten Bereich zu parken, doch das dürfte ich nur, wenn ich auch von hier aus fliege. Also fahre ich in der Dämmerung weiter nach Lobitos. Es geht durch vermüllte und stinkende Viertel. Dann Teerstraße, Piste und wieder Asphalt. Hier liegen viele Ölquellen und an jeder Ecke steht ein Wachmann. Auch die Ortseinfahrt ist durch zwei Checkpoints 'gesichert'. Der Ortscheint auf den ersten Blick sehr ruhig zu sein. Der Parkplatz am Strand, an dem sich tagsüber die Surfer tummeln, ist leer und ich habe freie Auswahl. Bei den Pelikanen sieht es da schon enger aus, die quetschen sich an Bord eines kleinen Bootes zusammen und sonnen sich.

Bereits früh am Morgen tummeln sich die Surfer im Wasser und warten auf die ultimative Welle. Nur die Pelikane gleiten mit wenigen Zentimeter Abstand eleganter über das Wasser. Sie fliegen so tief, dass ihre Flügelspitzen duch den Wellenberg schneidet.

Am Vormittag findet noch ein Surfwettbewerb statt, der beendet und abgebaut ist bevor gegen Mittag die Flut hereinbricht und die Tribüne vom Strand spült. Neben tollen Eindrücken bleibt bei mir auch ein Sonnenbrand auf den Füßen zurück.

 

32 Swiss Wassi

Entlang der PanAm geht es Richtung Grenze nach Ecuador. Am kleinen Camping Swiss Wassi treffe ich auf zwei Overlander aus Deutschland und wir verbringen gemeinsam zwei nette Tage. Es ist einiges an Hausarbeit zu erledigen und nach dem Sandstrand habe ich mich auch schon lange gesehnt.

Als wir da so am Strand sitzen und auf das Meer hinaus schauen, erspähen wir eine Wasserfontäne. Ein Wal springt aus dem Wasser und lässt sich mit voller Wucht wieder hinein fallen. Meine erste Wal-Sichtung auf dieser Reise. Am kommenden Tag ruft uns ein Seelöwe zum Strand. Einige Tiere waren nur wenige Meter vom Strand entfernt im Wasser. Auch Wale habe ich wieder sichten können.

 

 

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