Bolivien

Panamericana

Bolivien, 24.06. - 11.07.2015

Übersicht der Route

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01 Laguna Marfil

Eine sandige Piste führt uns durch dichten Wald über die ‚grüne Grenze‘ nach Bolivien. Eher unvermittelt kommen wir an einem Schlagbaum an. Das Fußballspiel wird für uns unterbrochen und wir treffen uns alle für die offizielle Registration am Tresen des kleinen Grenzpostens wieder. Der pubertäre Officer fragt mich unentwegt nach meinem Carnet und es bedarf der Anweisung des Liberos, stattdessen meine Passnummer in die Tabelle seines Notizblocks einzutragen, denn ein Carnet de Passage en Douane haben wir nicht dabei. Noch ein, zwei Scherze auf Spanisch und der Schlagbaum öffnet sich. Dann geht auch das Fußballspiel weiter.

Es wird bald dunkel und wir sind froh, in letzter Minute einen schmalen Track zu entdecken, der von der Piste abgeht und auf eine große Grasfläche führt. Der Untergrund ist trocken und tragfähig, also parken wir hier. Seit unserer Ankunft ist auch kein Auto mehr vorbei gekommen.

 

02 San Ingacio de Velasco

Die Nacht war erstaunlich ruhig. Nicht einmal Tiere hat man gehört. Immer in der Erwartung dass einer der besagten Drogenschmuggler hier vorbei kommt, habe ich wenig geschlafen. ;-)

Die Piste nach San Ignacio de Velasco bleibt weiterhin sehr gut und auch die Brücken, auch wenn nicht immer im besten Zustand, sind solide gebaut und stellen für Antares keine Gefahr dar. So kommen wir gegen Mittag in San Ignacio an, wo wir zur Polizei fahren um offiziell einzureisen. Diese schicken uns jedoch zur Migracion, die erst nach ihrer Mittagspause wieder für uns da sind. Also gehen wir zum Markt, wo u.a. eine lokale Grillplatte auf ihre Kunden wartet und wir warten auf die Öffnung des Bäckerladens, wo es Vollkorn-Gebäck und leckeren Kuchen gibt.

Die Einreise bei der Migracion ist kein Problem und schnell erledigt. Die Zollformalitäten für Antares jedoch müssen wir entweder in San Vicente (110 km zurück Richtung Brasilien) oder in Pailon (ca. 400 km entfernt und für uns ein Umweg von 2*140 km) erledigen. Hier im Ort gibt es jedenfalls keinen Zoll. Dieser Umstand nimmt bei der weiteren Routenplanung, die im Detail immer noch offen ist, gehörigen Einfluss. Aber dazu später mehr.

Inzwischen ist es 16:00 Uhr, als wir uns auf den Weg machen. Hier zahlen wir wieder Maut für eine Piste die viel schlechter ist als die am Morgen. Und die Dame neben dem Mann mit dem Strick über die Straße, der den Führerschein kontrolliert, will zusätzlich noch Maut für die Strecke die wir bis San Ignacio gefahren sind. Wo auch immer wir her gekommen sein mögen. Zum Glück sind die Preise hier günstiger als bei TollCollect oder der ASFINAG und so zahlen wir nach einiger Diskussion für sechs Voucher.

 

03 Concepcion/ Camping Las Piedras

Für etwas Abwechslung kommt der heutige Reisebericht Mal von der Co-Pilotin:

Gestern hat Antares den Abend mit einem langen Seufzer ausklingen lassen und heute früh mit einem lauten „Pfff!!!“ begonnen. Seit Christian daraufhin versucht hat, den Luftdruckschlauch zu flicken, begleitet uns Antares‘ beängstigend schrilles Jammern. Neben dieser herzzerreißenden Schreie verlangt uns die über lange Kilometer zerfurchte Asphaltstraße Stahlnerven ab. Dabei durchqueren wir eine liebliche, hügelige Landschaft, die dem Dschungel für das Weidevieh abgetrotzt worden ist.

Zwei Missionsdörfer, Santa Rosa de la Roca und Concepcion, liegen auf unserem Weg. Jesuiten boten darin im 18. Jahrhundert Chiquito-Indianern Zuflucht vor Versklavung, eine Handwerksausbildung und Waisen- und Altersversorgung gegen Übernahme des Glaubens. Die Kathedralen sind beeindruckend in ihrem Stil und ihrer Größe. Neben der Sakristei von Santa Rosa de la Roca harren hölzerne, lebensgroße Jesus-Statuen in unterschiedlich dramatischen Posen ihrem festlichen Einsatz. An Mariendarstellungen fallen nicht nur die korpulente Fülle sondern vor allem die kräftigen, für unser Verständnis wenig madonnenhaften Hände auf. Das in der Kirche aufliegende Gesangsbuch zeugt von Lebensfreude.

Knapp vor Sonnenuntergang, um ca. 17 Uhr, erreichen wir einen friedlich an einem geschwungenen See liegenden Campingplatz. Ein Wasserschwein zieht seine Bahnen und bellt nur kurz, als es mich am Ufer bemerkt, ohne sich von seinem Abendsport abbringen zu lassen. Unser heutiges Nachtkonzert fällt im Vergleich zu den exotischen Symphonien der letzten Wochen bescheiden und beschaulich aus: ein Duett aus Froschquaken und Grillenzirpen. Das Schönste ist jedoch, dass Antares nicht mehr mit heult.

Wir bleiben einen weiteren Tag um einige Dinge zu erledigen. Als wir nach dem Wäschewaschen die Leine zwischen einem Baum und Antares spannen, entdecken kurz darauf rot-braune Armeinsen diesen mautfreien Highway und belagern unsere T-Shirts. Bevor sie jedoch unser Schlafzimmer erreichen wird die Leine kurzerhand demontiert.

Für das Display der Rückfahrkamera baue ich einen Sonnenschutz um es vor Überhitzung zu schützen und um die Sicht bei starkem Sonnenlicht zu verbessern. Außerdem steht ein großer Hausputz an.

 

04 Santa Cruz de la Sierra

Die Straße bleibt bis San Ramon wechselhaft, dann wird sie langsam besser und die Schlaglöcher weniger. An der Mautstation müssen wir nachzahlen und bei der Polizei unsere Dokumente vorzeigen. Für Antares haben wir natürlich noch kein Dokument und so wird einige Diskussion nötig, doch letztlich geht alles ohne Bolivianos ab und wir können weiter fahren. In Pailon suchen wir dann den Zoll auf um Antares offiziell nach Bolivien einzuführen. Doch hier will oder kann man uns kein Dokument ausstellen. Das hätte an der Grenze passieren sollen, doch die gab es ja bekanntlich nicht. Erst als wir unsere Kopie vom letzten Mal mit dem Ausreisestempel vorzeigen, sagt man uns dass wir damit noch bis zum Ablauf der ursprünglichen drei Monate in Bolivien bleiben können. Also keine neuen Zollformalitäten notwendig. Wenn wir das gewusst hätten, wären wir evtl. doch über Trinidad gefahren…

 

05 Warnes

In Santa Cruz de la Sierra suchen wir eine Werkstatt um Antares das Pfeifen abzugewöhnen. Es handelt sich dabei um ein Loch in der Druckluftleitung vom Luftpresser zu den Druckkesseln. Schnell werden wir fündig. In einem Geschäft für Hydraulik wird kurzer Hand ein Schlauch in gewünschter Länge angefertigt. Auf dem Gehweg schraube ich den defekten Schlauch ab und lasse vermutlich zum ‚Gringo-Preis‘ einen neuen Hochdruck-Schlauch zwischen die Muffen verpressen. Dennoch sind wir froh so einfach und relativ günstig das Problem beseitigen zu können.

Nach einem Einkauf im Hypermaxi und Wasserfassen an der Tankstelle geht es nach Warnes. Hier lebt ein deutsch-österreichisches Paar und betreibt neben einer Landwirtschaft ein Restaurant. Dieser allzu bekannten Paar-Konstellation müssen wir einen Besuch abstatten und werden herzlich empfangen. Wir bleiben gern über Nacht.

 

06 Villa Tunari

Seit Wochen haben wir mal wieder Regen. Deshalb lassen wir es gelassen angehen, fahren später dennoch los. Mit dem Wasser auf der Straße kommt die Autowäsche automatisch und kostenlos. An der Mautstelle hingegen bin ich mir nicht mehr so sicher ob wir hier den regulären Preis bezahlen oder über den Tisch gezogen werden. Die Höhe der Maut erscheint mir in Anbetracht der Strecke viel höher als zuletzt auf der Route nach Brasilien. Zumindest bekommen wir eine entsprechende Quittung.

Anders läuft es heute bei der Polizeikontrolle ab. Dasselbe Trio, welches uns vor zwei Tagen vor Pailon kontrolliert hatte, steht heute wieder vor uns. Diesmal wollen sie ein Dokument der Polizei sehen. Das Zolldokument reicht ihnen nicht. Da wir ein solches Dokument nicht haben, stellen sie uns eines aus. Jedoch verlangen sie 30 Bolivianos dafür. Als ich nach einer Quittung frage, schreiben sie „30 Bs“ auf den Zettel. Natürlich ohne es auch auf seinen Durchschlag zu kopieren. Es geht noch einige Male hin und her, doch letztendlich zahle ich das Schmiergeld um die Beamten los zu werden und meine Papiere zurück zu bekommen. Dies ist die erste unschöne Erfahrung dieser Art in Bolivien und auf der gesamten Reise.

Positiver läuft es hingegen bei der Verhandlung um den Diesel-Preis. Da wir vorerst noch genügend Diesel an Bord haben, jedoch in Bolivien nachtanken müssen, sind wir in einer guten Verhandlungsposition und wollen frühzeitig nach einer ‚willigen‘ Tankstelle suchen. Auch um nicht mit dem schmutzigen Bolivien-Diesel in den Hochlagen fahren zu müssen sondern den noch hier im Tiefland durchzublasen, wo Antares genügend Luft bekommt. Bereits bei der ersten Tankstelle zahlt sich unsere Taktik aus und wir tanken fast zum lokalen Preis. Lediglich ein Aufschlag von 10% wird berechnet. Nach einer Quittung fragen wir in diesem Fall besser nicht.

Übernachtungsplätze finden sich entlang der dicht besiedelten Hauptstraße kaum. So wird schnell klar, dass wir etwas ansteuern wollen, was bereits ‚getestet‘ wurde. Der nächste Platz liegt jedoch noch so weit entfernt, dass wir ihn bei zügiger Fahrweise so eben vor Einbruch der Dunkelheit erreichen könnten. Und so ist es auch. Wir fahren über die Zufahrtstraße aus Naturstein und stellen uns neben den Parkeingang des Parque Machia, als die Sonne untergeht und es zu regnen beginnt. – Puh.

 

07 Parque Machia / Laguna Corani

Bereits vor dem Aufstehen springen die Affen neben uns in den Bäumen herum und sind neugierig, wer da parkt. Als wir den Park betreten wollen, gibt es etwas Stress. Wir dürfen keinen Rucksack mitnehmen und für die Kamera sind 10 Bolivianos extra zu bezahlen. Dafür bekomme ich ein schönes buntes Bändchen, welches als Quittung an die Kamera geknotet wird. Den Rucksack und Regenjacke lassen wir im Auto zurück.

Über einen schlammigen Pfad geht es zum Aussichtspunkt. Dort treffen wir neben den zahlreichen anderen Besuchern auf eine Familie Affen, die sehr agil umherspringen und sich durch die Bäume jagen. Entlang des Weges haben wir Glück und sehen wie sich ein Faultier langsam durch den Wald bewegt. Mit den langen Krallen hält es sich am Baumstamm fest, während es sich umschaut, orientiert und dann den nächsten Schritt unternimmt. Für den Fotografen eine ganz andere Aufgabenstellung als die Schmetterlingen im Pantanal.

Bei Regen und dichten Wolken fahren wir anschließend weiter auf Cochabamba zu. Die Straße schlängelt sich durch dichten Urwald in die Höhe. Von 312m geht es in kürzester Zeit auf 3.261m ü.N.N. Leider beträgt die Sichtweite kaum 20m. Das macht auch jeden Überholvorgang zum Abenteuer. Für das, wie wir heute überholt haben, wäre in Europa wohl die ‚Fleppe‘ weg gewesen. Aber auch liegengebliebene Lkw stehen auf der steilen Straße und daran muss man vorbei. Am besten ohne Anhalten zu müssen. Ein echtes Erlebnis!

Bei Corani, den Ort haben wir wegen Nebel nie gesehen, gibt es einen Stausee. An einem Militärposten passieren wir die Schranke, nachdem wir uns dort registriert haben. Wir sehen kaum die Hand vor Augen und fahren über die einspurige Piste, welche über den Damm führt. Auf der anderen Seite dürfen wir stehen. Erst als sich später die Wolken verziehen, eröffnet sich uns ringsum eine wunderbare Landschaft.

 

08 Cochabamba / Parque Pairumani

Die Fahrt durch die hügelige Landschaft der ‚Kornkammer‘ Boliviens wirkt wie mit tausend Patchwork-Decken ausgelegt. Das lässt auf ein weniger striktes Erbrecht als bei uns schließen, das diese dekorative Zerstückelung des landwirtschaftlich genutzten Bodens ermöglicht.

Bei Colomi besuchen wir den gerade stattfindenden Markt, auf dem die Bauern der Umgebung ihr Gemüse und Fleisch anbieten. Man merkt, dass die Kartoffel aus dieser Gegend stammt. Erdäpfel werden in den unterschiedlichsten Farben und Formen angeboten, wie zum Beispiel rot-gelb gesprenkelt, schwarz in Ingwerwurzelform oder als gelbe, übergroße „Maden“.

Das farbenfrohe Bild ist von Frauen bestimmt. Männer sieht man nur wenige; wohl weil sie im Vergleich zum weiblichen Geschlecht weniger Menschenkenntnis bei der Wahl potentieller Kunden beweisen: So bot einer gar Christian einen Lenkradbezug an, und das ohne über eine Mercedes-Benz-Zertifizierung, eine Originalverpackung oder eine Produktgarantie zu verfügen…!

Wir gewinnen heute einen besonderen Einblick in das Leben der bolivianischen Frauen in der Arbeitswelt.

Fast jede Vertreterin des ‚schwachen Geschlechts‘ schleppt auf ihrem Rücken mehrere Kilo schwere Lasten, die in ein bunt gestreiftes Tuch gewickelt sind. Der Inhalt lässt sich oft nicht bestimmen, außer wenn Brennholz, Zuckerrohr oder ein Kinderkopf oben rausschaut. Heute stapfte eine sogar stramm und hartnäckig mitten auf der serpentinengeschwungenen Bundesstraße, eine volle Spur in Anspruch nehmend, einher. Die hinter ihr eine Kolonne bildenden LKWs schienen sie nicht zu stören und keiner der Fahrer hatte die Courage zu hupen.

Was die weibliche Tracht angeht, so sticht der Charly Chaplin-Hut ins Auge. Da er zu klein ist, um vor der Sonne zu schützen, scheint er nur der Eitelkeit zu dienen. Angeblich wurde der Bowler-Hut in Bolivien eingeführt, als eine für Eisenbahnarbeiter gedachte Lieferung zu klein ausfiel und an die indigene Bevölkerung verteilt wurde. Die Trageart des bombin klärt übrigens, wie beim Dirndl der Knoten der Schürze, über den Familienstand der Trägerin auf: Sitzt er gerade, ist sie verheiratet, sitzt er schief, ist sie ledig.

Vor der Kathedrale in Cochabamba konnte ich eine Blumenhändlerin an ihrem Stand beobachten, als sie den Ruf von Frauen, ideenreich, multi-tasking-fähig und couragiert zu sein, unter Beweis stellte: Während sie auf romantische oder trauernde Klientel wartete, musste ihr Blick wohl auf ihre Zehennägel gefallen sein, woraufhin sie die Blumenschere kurzerhand zweckentfremdete und die für nicht aufschiebbar empfundene Pediküre erledigte. (Sie erinnerte mich an die Richterin an unserem Bezirksgericht daheim, die sich während der Verhandlungen ihre (zwanzig) Nägel lackierte.)

Auf dem quirligen Markt Calatayud beeindruckte mich (als Vegetarierin) eine junge Metzgerin, die mit meterlangen Gedärmen (aus welchem Körper kommen die nur her?) ungerührt wie mit aufzurollenden Gartenschläuchen umging.

So, nach so viel Ablenkung mit beeindruckenden, funktionierenden Frauen muss ich doch endlich die Beichte über meine heutige (größte) Sünde ablegen: Ja, ich habe, als ich Geld vom Bankomaten abheben wollte, nur auf die Banknoten und den Auszugsbeleg gewartet, bevor ich - mit meinen Gedanken pseudo-multitasking-mäßig bereits bei der nächsten anstehenden Erledigung – aus dem Foyer hinaushetzte. Erst Stunden später fällt mir auf, dass ich die Visakarte stecken lassen haben musste. Natürlich gilt mein erster Ärger den Banken in diesem Land, die nicht zuerst die Karte und erst dann das Geld rausrücken. (Da mir dasselbe jedoch bereits in Beirut passiert war, wendet sich mein Unmut doch bald wieder gegen mich selbst.) Glücklicherweise finde ich den Bankomaten sehr bald wieder. Da die Bank jedoch bereits geschlossen ist, begleitet mich ein hilfsbereiter Herr in einen Telefonshop, wo wir die Telefonnummer ausfindig machen und ich Gespräche mit der Bankzentrale führen kann. Morgen muss ich persönlich vorsprechen. Unglücklicherweise verursachte dieses unerwartete „Zwischenspiel“, dass Christian 45 Minuten auf mich warten musste und wir unseren Übernachtungsplatz erst verspätet bei Einbruch der Dunkelheit erreichten. Wir konnten aber noch erkennen, dass der Park des Landsitzes Payrumani des ehemaligen „Zinnbarons“ Simon Patino, beeindruckend weitläufig und gut erhalten ist. Wir sind gespannt, wie er sich morgen zeigt.

Tags drauf macht sich Elke früh auf den Weg in die Stadt um erfolglos ihre Kreditkarte zurück zu bekommen. Für mich bricht ein Projekttag an. Der Dachlüfter wird um eine lange vermisste Funktion erweitert. In Cochabamba hatte ich zufällig einen Kippschalter gesehen, der für die anstehende Aufgabe, dem Abstellen des Aufstellantriebes, bestens geeignet ist. Jetzt kann man den Deckel in jeder Stellung anhalten ohne den Lüfter ausschalten zu müssen.

Gegen späten Nachmittag kommt Elke von ihrem Ausflug zurück. Die Kreditkarte ist nicht auffindbar und inzwischen gesperrt. Ersatz können wir erst bestellen, wenn wir für mindestens 48 Stunden an einem definierten Ort mit Postanschrift sind.

Wir unternehmen noch einen Ausflug zu den Wasserfällen, die jedoch derzeit kaum Wasser führen. Das meiste Wasser wird durch Kanäle den Feldern im Tal zugeführt. Dazu stehen ganztägig Wasserbauern an den Schiebern und Kanälen. Für uns geht es schnaufend den Berg hinauf, denn wir haben uns noch nicht wieder ausreichend an die dünne Luft gewöhnt. Der Ausblick ins Tal und über Cochabamba ist super.

 

09 Panduro

Bei strömendem Regen fahren wir los. Bewundernswert schauen wir auf die gerade ankommenden Pfadfinder zurück, die das Wochenende zelten wollen.

Als wir auf der neuen Straße an der Mautstelle ankommen, wird wenige Fahrzeuge vor uns die Straße gesperrt. Kein Auto kommt mehr durch. In 40km Entfernung hat es einen schweren Unfall gegeben und nun müssen die Rettungskräfte ausrücken. Erst nach vier Stunden Warten geht es weiter. Elke hat zwischenzeitlich bolivianisches ‚Mote‘ Popcorn mit Käse und Kuchen von den Straßenverkäuferinnen erworben. Als die Polizei die Straße wieder frei gibt, drängeln die Autofahrer auf die Mautstelle zu als gäbe es kein Morgen mehr. Als wir dann endlich Fahrt aufnehmen, kommen von hinten die Busse, die ihre verlorene Zeit aufholen wollen und überholen uns ohne voraus schauen zu können. Häufig ist es sehr eng. Uns kommt auch der mit einem Lkw zusammengestoßene Unglücks-Bus am Haken des Abschleppers entgegen. Für die Einheimischen scheint das keine abschreckende Wirkung zu haben.

Kurvenreich windet sich die Straße bis in eine Höhe von 4.500m. Hier oben liegt sogar etwas Schnee und in der Ferne blicken wir auf weiß verschneite Berge. Bald bricht die Dunkelheit herein und wir kommen nur langsam wieder in tiefere Lagen und so kommt es, dass wir noch lange bei Dunkelheit fahren, bis wir in einem kleinen Ort ohne Namen, neben der jetzt vierspurigen Autobahn, uns auf 3.900m ins Grün stellen.

 

10 La Paz

Wir sind erleichtert, als früh morgens die Heizung anspringt und uns wie auch Antares aufwärmt. Dann geht es weiter Richtung La Paz. Bei der Fahrt auf der Autobahn kann man sich auch mal etwas auf die Landschaft und Natur konzentrieren. In der Ferne schimmern die schneebedeckten Berge zwischen den gold-gelben Feldern und dem Wolken-verhangenen Himmel.

In La Paz kommen wir zuerst nach El Alto mit dem höchstgelegenen Zivilflughafen der Welt. Dieser auf dem oberen Plateau liegende Stadtteil ist inzwischen so groß geworden, dass man den über 1 Mio. Einwohner zählenden Ort als eigenständige Stadt bezeichnen kann. Von hier aus geht es über eine steile Straße hinunter ins Tal. Auf 3.300m erreichen wir das bei Overlandern bekannte Hotel Oberland und quartieren uns für die nächsten Tage ein.

Heute geht es mit dem Minibus nach La Paz in die Stadt. Bereits nach kürzester Zeit im Bus habe ich den Wunsch wieder mit Antares zu fahren. Derjenige der an der Tür sitzt, muss diese vor Abfahrt schließen. Tut er (oder sie) dies nicht, so fährt der Fahrer an und bremst kurz darauf scharf. Dann rauscht die Schiebetür mit Schwung ins Schloss. So geht das hier.

In der Stadt trifft man viele Touristen an. Aber auch einheimische handeln hier ihre Waren. In einigen Gassen komme ich mir vor wie auf einem Souk in Marokko. Nur wird man hier nicht so aggressiv angesprochen sondern hat seine Ruhe. Wenn man jedoch Interesse hat und etwas kaufen möchte, so bekommt man immer eine freundliche Auskunft. Preise werden auch hier verhandelt, jedoch nicht in dem Maße wie auf dem afrikanischen Kontinent. Den Kabeln an zwischen den Häusern nach sind die Bolivianer überall gut 'vernetzt'.

Der kommende Tag hält wieder viele Projekte für mich parat. Reifen gegen Reserverad mit mehr Profil wechseln, defektes Leuchtmittel am Scheinwerfer ersetzen, Undichtigkeit an Dachluke abdichten, Reflektor Streifen am Heck erneuern, gebrochene Rucksackschnalle mit Ersatz vom Souk reparieren. Zur Belohnung gehen wir abends im Restaurant Oberland essen. Sogar deutsches Weissbier gibt's. Hmmm, das ist sau lecker!!

Noch immer warten wir auf die Ersatz-Kreditkarte für Elke. Die Wartezeit auf dem Camping wird langsam teuer. Doch heute ist der Papst in El Alto und für ganz La Paz wurde heute ein Feiertag ausgerufen. Somit wird auch heute keine Zustellung erfolgen. Zeit für uns die umliegende Gegend zu erkunden. Nicht im naheliegenden kommerziellen Valle de la Luna, sondern in entgegengesetzter Richtung finden wir eine bizarre Landschaft mit ausgewaschenen Säulen. Ein schmaler Pfad führt einige Höhenmeter hinunter zum Fluss. Dort treffen wir auf eine Bauern Familie, welche hier unten Blumen anbaut und überrascht ist, dass sich Ausländer hierher ‚verlaufen‘.

Bei unserer Rückkehr zum Hotel treffen wir auf Markus von Kondor Tours, der seinen Truck neben uns auf dem Hof abgestellt hat und sich auf seine nächste Reisegruppe vorbereitet. Zudem sind zwei Schweizer mit ihrem Landy eingetroffen, die, wie sich beim abendlichen Klönschnack herausstellt, zeitgleich auf der Grande Francia verschifft haben wie ich Antares.

Tags drauf gibt es noch einiges zu tun und nachmittags fahren wir erneut nach La Paz. Diesmal wollen wir mit einer der Gondel-Bahnen hinauf nach El Alto fahren. Die Fahrzeit beträgt 17 Minuten und man legt dabei auf drei Seilbahn-Abschnitten 1.000 Höhenmeter zurück. Oben angekommen bekommen wir die Gelegenheit bei einem Einheimischen vom Balkon aus den unverbauten Blick auf die Metropole zu genießen.

Zwei gelangweilte Hunde finden Elkes Waden so lecker, dass einer von ihnen zubeißt. Ich nehme nur den Aufschrei hinter mir wahr. Eine Schramme, jedoch ohne Blut. Der erste Gedanke heißt – Tollwut? Später im Tal, auf der Suche nach einer Apotheke, erkundigt sich Elke bei einer Tierklinik, welche berichtet, dass Tollwut hier sehr wenig verbreitet ist, da die Impfung für alle Hunde kostenlos zu erhalten ist. Leicht beruhigt fahren wir zurück ins Hotel.

 

11 Grenze - Lago Chungara

Inzwischen ist auch die Kreditkarte eingetroffen, so dass wir tags darauf weiter fahren wollen. Morgens startet Markus seinen Atego 1828 ohne Probleme und Antares macht bei einer Höhe von 3.300m Zicken beim Starten. Jetzt glaube ich dass mit dem Fahrzeug etwas nicht stimmt. Am Vorabend hatten wir zusammen noch über einen ähnlichen Defekt beim Atego gesprochen. Jetzt müssen wir unsere Pläne ändern und steuern Arica in Chile an. Hier in Bolivien halte ich den Versuch eine für den Axor qualifizierte MB Werkstatt zu finden für ausgeschlossen.

Die Landschaft durch die wir fahren ist traumhaft. Gerne würden wir hier ein paar Tage verbringen, doch die Startschwierigkeiten in dieser Höhe könnten am nächsten Tag für Probleme sorgen, also wollen wir noch bis Chile auf unter 3.000m fahren. Als wir jedoch an die Grenze kommen, erhalten wir lediglich noch den Ausreise-Stempel in unseren Pass, der bolivianische Zoll hat bereits geschlossen und ohne deren Stempel auf dem Laufzettel setzt sich in Chile kein Prozess in Gang. Wir müssen über Nacht hier bleiben. Fast am höchsten Punkt der Strecke nach Arica, bei 4.571m, sind wir ‚gefangen‘. Bereits jetzt liegt die Temperatur auf dem Gefrierpunkt und die Luft ist sehr dünn. Wir werden Antares über Nacht laufen lassen müssen um Morgen kein Problem beim Starten zu bekommen.

 

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