Panamericana
Argentinien, 09.01. - 17.01.2015
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Nach der Durchfahrt durch Chile heißt es nun die Vorräte an frischen Lebensmitteln wieder auffüllen. Dazu fahre ich nach Rio Grande, wo es mehrere große Supermärkte gibt. Der Wind ist eisig und schon auf dem Weg vom Auto in den Supermarkt werde ich eiskalt daran erinnert, dass die Antarktis nur noch wenige hundert Kilometer weit weg ist. Nach dem Shoppen suche ich noch einen Internetzugang um über die letzten Tage zu berichten und den Mitreisenden die Sorgen zu nehmen.
Wenige Kilometer hinter Rio Grande verändert sich die
Landschaft. Es sind wieder Bäume zu sehen und diese breiten sich mit jedem
Kilometer zu einem dichteren Wald aus. Hinter jeder Kuppe öffnet sich ein
grüneres Tal als zuvor. Es ist ganz anders als was ich die letzten Tage zu sehen
bekommen habe. Es ist einfach toll.
Hinter
Tolhuin fahre ich in den Wald. Eine gute Piste führt mich zu einem
Naturschutzpark und dort zur Laguna Aguas Blancas. Bieber haben eine große
Anzahl Bäume gefällt und so zu unzähligen angestauten Seen und einer tollen
Moorlandschaft geführt. Einige Greifvögel quieken während sie ihre Kreise durch
die Lüfte drehen. Doch sie wollen sich nicht fotografieren lassen. Mir erfrieren
bald die Finger und so beende ich nach zwei Stunden meine Naturwanderung.
Die
Nachttemperatur lag um den Gefrierpunkt. Dennoch gibt es zahlreiche Argentinier,
die abends im Dunkeln ihr Zelt aufschlagen und morgens vor dem Frühstück wieder
weg fahren. Auch ich mache mich auf den Weg. Da die Piste sehr gut ausgebaut
ist, will ich wissen wo sie hin führt. Meine Karten geben hierüber keine
Auskunft. Die Piste ist ein Traum für Overlander. Sie führt kurvig auf und ab
durch den Wald und hat hinter jeder zweiten Kurve einen nochmals besseren
Camping Spot. Ich könnte noch eine ganze Woche hier verbringen. Lediglich zwei
kräftige Rottweiler haben etwas dagegen, die von einer Hütte aus durch den Zaun
auf mich zugelaufen kommen und eine ganze Weile verfolgen bzw. verscheuchen. Ich
komme an zwei Abzweigungen vorbei, an denen es interessant wäre, die andere
Piste auch zu erkunden. Doch nach einer Weile komme ich weniger als einen
Kilometer entfernt von der Stelle wieder auf die RN3, wo ich sie gestern
verlassen hatte. Diese Runde kann ich nur jedem empfehlen zu fahren. Es ist eine
Traum-Piste durch eine einmalige Landschaft.
Auch
entlang der Nationalstraße eröffnen sich immer wieder neue Ausblicke auf die
Berge. Als sich die Gelegenheit ergibt, auf eine Parkbucht zu fahren, will ich
anhalten. Doch es ist keine Parkbucht, sondern eine Nebenstraße. Also folge ich
dieser. Sie führt entlang des Ufers des Lago Escondidos. Die Piste ist mit
Schlaglöchern übersät und die Bäume lassen ihr Astwerk tief hängen. So ist es
immer ein Kompromiss zwischen Schlaglöchern unten oder kratzenden Ästen oben.
Nach 3 km verbietet jedoch ein Schild jede Durchfahrt.
Nebenan
fahren Geländewagen im Schlamm durch den Wald – eine geführte Offroad-Tour.
Leider viel zu sehr zugewachsen als dass ich mit Antares folgen wollte. Also
fahre ich zurück und folge wieder der RN3. Wenig später, vom Grimaldi Pass, sehe
ich dass das eine gute Entscheidung war. Vom Pass geht es steil bergab zu der
Uferstraße. Vielleicht hätte ich es trotz der losen Steine auf der Piste herauf
geschafft, auf jeden Fall hätte ich dutzende Zuschauer auf der
Aussichtsplattform sicher gehabt. Die Touristen-Landys fahren übrigens in
entgegengesetzter Richtung und ein Passieren auf der schmalen Piste könnte
schwierig werden.
Weiter
geht es hinab ins Tal und dort links ab in Richtung Estancia Haberton. Eine gute
Piste führt unübersichtlich kurvig durch den Wald. Am heutigen Sonntag ist viel
Verkehr und so ist es eine anstrengende Fahrt. Erst als ich das Meer erreiche,
wird es ruhiger. Hier beginnt das Gebiet der Estancia Haberton. Dort melde ich
mich an und fahre weiter bis zum ‚letzten‘ Campingplatz der Estancia, am Rio
Cambaceres. Die Brücken werden auch immer ‚dünner‘. Erst 38t, dann 22t und
schließlich nur noch 16t. In dem weiten Wiesengelände zwischen einigen Bäumen
finde ich einen sehr schönen Stellplatz mit Blick auf den Beagle Kanal.
Hier
ist so ziemlich der südlichste Punkt, den man mit einem Fahrzeug auf
öffentlichen Straßen erreichen kann. Einige Meter mache ich noch zu Fuß bei
einer Wanderung. Für die letzten Meter nach Süden müsste man noch bis zur
Estancia Moat fahren, das schenke ich mir und genieße lieber diesen tollen Spot.
Von hier aus beginnt nun die Reise nach Norden – die Panamericana!
Passend zur Location höre ich heute das Hörbuch "Abenteuer & Wissen - Weltumsegler - Auf den Spuren Magellans". Ein wirklich großer Entdecker, nach dem diese Seepassage und die ganze Region benannt sind.
Bei 5°C und Schneeregen mache ich mich auf den Weg nach Ushuaia. Alles erinnert eher an Wintercamping. Mal sieht man die schneebedeckten Berge und dann wieder nur eine graue Wand aus Wolken. An der Estancia Haberton finden sich wieder Busladungen von Kurzstreckenabenteurern ein, die mit Reisebussen hier her kutschiert werden. U.a. ein Grund, warum ich mir die Besichtigung der eigentlichen Estancia erspare.
Kurz darauf treffe ich auf Daniela und Hugo, die mit ihrem Unimog unterwegs sind. Wir unterhalten uns und tauschen Informationen aus, bis uns der nächste Schauer zur Weiterfahrt nötigt. Ein Großteil der Piste haftet Antares inzwischen an den Hinterläufen. Doch das wäscht sich zum Glück wieder ab, als wir die geteerte Nationalstraße erreichen.
Ushuaia ist ein echter Touristenort. Viele Geschäfte entlang einer Fußgängerzone sind auf die Touristen aus, die von hier ihre Kurzstreckenabenteuer unternehmen. Nachdem ich weitere Overlander gesprochen habe, beschließe ich heute Nacht hier auf dem Parkplatz zu verbringen, denn es ist taktisch klüger morgens in den Nationalpark Tierra del Fuego einzufahren, da man für das Eintrittsgeld von 140 Pesos dort nur zwei Nächte campieren darf.
Es ist nicht immer von Vorteil in der ersten Reihe zu stehen. Zum Beispiel bei nächtlichen Autorennen auf der Uferstraße, wenn man doch eigentlich schlafen will. So war die letzte Nacht recht lange mit der Szenerie eines 24-Stunden Rennens zu vergleichen. Ebenso schnell habe ich dafür am Morgen die wichtigen Dinge erledigt. Geldwechsel bietet sich in Ushuaia an, da man hier recht gute Wechselkurse bekommt und ein Besuch beim Friseur sorgt dafür dass ich mich auch ohne Mütze wieder sehen lassen kann. Der Preis für den Friseur hat mich allerdings schnell an meine alte Heimat erinnert. - Vermutlich habe ich einen Touristenpreis bezahlt.
Dann geht es bei Sonnenschein auf in den
Nationalpark Tierra del Fuego. Hier endet die 3.079 km lange Nationalstraße RN3
von Buenos Aires und ein Schild deutet darauf hin, dass es bis Alaska nur
läppische 17.848 km sind. Um dies noch etwas zu strecken, unternehme ich eine
kleine Wanderung entlang der
Küste und erreiche dort den wohl südlichsten Punkt
im Park.
Es gibt verschiedene Campingplätze im Park, die wie geschrieben, für zwei Nächte kostenlos genutzt werden können. Es gibt sogar sanitäre Einrichtungen, was man sonst fast nie vorfindet. Hier treffe ich so manchen der seine Panamericana-Reise bereits hinter sich hat, weil er im Norden gestartet und hier das große Ziel erreicht hat. Für mich soll es jetzt erst los so richtig gehen.
Für
den nächsten Tag war eigentlich eine Bergtour auf den Cerro Guanaco mit einer
Höhe von 973m geplant. Aber als ich aufwache tröpfelt es bereits und dichte
Wolken hängen an den Berggipfeln. Also geht es alternativ zum Hito XXIV, einem
Grenzpunkt mit Chile am Lago Roca. Zum Glück bleibt es über den Tag trocken,
doch der Wind
nimmt
zu und bringt die Wolken mit dem Regen heran. Im Visitor Center gibt es eine
gute Ausstellung über die ursprünglichen Bewohner dieser Gegend, die wir
Europäer mit ansteckenden Krankheiten ausgerottet haben, als wir uns an diesem
Land bedienten. Heute wird dieser Landstrich von hunderten oder womöglich
tausenden Touristen täglich überrollt.
Nach der Wanderung fahre ich zum Camp Rio Pipo. Der Stellplatz ist so uneben, dass ich erstmals ohne Differenzialsperre nicht mehr vom Fleck komme. Aber wieder habe ich am Ende des Tages einen schönen Platz am Fluss, auch wenn ich die Kaffeetasse nicht ganz voll machen kann, weil wir etwas schräg stehen.
In den Bergen ist der nächtliche Regen als Schnee gefallen und hat den Bergen ein weißes Häubchen aufgesetzt. Als ich losfahre verspüre ich bereits so etwas wie Heimweh, denn diesen Ort werde ich nun ‚für immer‘ hinter mir lassen.
In
Tolhuin tanke ich noch einmal zum günstigen Kurs voll, bevor ich den Weg nach
Chile antrete. Hier gibt es eine sehr bekannte Panaderia, die ich dann auch noch
schnell besuche. Als ich mit vier Teilchen und ein wenig hausgemachter
Schokolade den Laden verlasse, habe ich mehr Geld ausgegeben wie für 20 Liter
Euro-Diesel fällig wären. Na hoffentlich schmecken die Sachen auch entsprechend
gut. Dem Ruf nach macht die Bäckerei leckere Sachen und das Angebot sowie das
große zugehörige Cafe sprechen ebenfalls dafür.
Kurz vor Rio Grande verlieren sich wieder die Bäume in der Steppe und es wird windiger. Antares dankt es gleich mit höherem Verbrauch. Und dann verlasse ich die Straße und biege auf die Piste RP8 ab, die zum kleinen Grenzübergang Bellavista führt. Eine gute Piste mit schöner Aussicht auf die Berge. Am Rio Bellavista finde ich einen ebenen Stellplatz für die Nacht.
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