Argentinien

Panamericana

Argentinien, 06.12.2014 - 08.01.2015

Übersicht der Route

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Bei Zarate / Rio Parana

Einmal vom Campingplatz durch das Gestrüpp geschlagen, ist es nicht mehr weit bis zur Grenze. In einem Grenzgebäude befinden sich die Migracion und Anduana von Uruguay und Argentinien. Man geht von einem Schalter zum nächsten und bekommt bei jedem einen Stempel. Wenn man seinen Zettel mit vier Stempeln voll hat, kann man zur Grenzkontrolle fahren, wo man gegen Abgabe des Stempelzettels durchgelassen wird. Nun bezahlt man noch für die Brücke über den Rio Uruguay und dann geht es mit mindestens 30 km/h und maximal 60 km/h zum anderen Ufer – nach Argentinien.

Der erste Ort hat den unaussprechlichen Namen Gualeguaychu und ist irgendwie kein so richtiger Grenzort. Ich kann keine Schlepper und leider auch keine Wechselstuben finden. Jedoch einen großen Carrefour, in dem ich mich mit frischen Lebensmitteln eindecke. Zum Glück kann ich hier mit US$ oder auch mit Kreditkarte bezahlen. Bevor ich jedoch dran bin, warte ich geduldig eine knappe Stunde in der Schlange vor der Schnellkasse (Für Kunden mit bis zu 20 Artikeln). Dass das hier so lange dauert, scheint niemanden zu wundern oder gar zu stören. Also nehme auch ich es gelassen.

Ich fahre durch den Ort, ohne eine Wechselstube zu finden. Allerdings muss ich mich auch auf den Verkehr und die enge Straße mit den vielen Bäumen konzentrieren. Hinter der Stadt halte ich an einer Tankstelle. Mal testen was der Diesel hier so kostet. Der Dieselpreis scheint okay zu sein. Es gibt auch Euro-Diesel, der weniger Schwefel enthält und somit dem Katalysator keinen ‚Karies‘ beschert und das Öl nicht so sehr belastet. Leider ist der Wechselkurs nicht sonderlich gut, also tanke ich nur etwas nach, damit ich keinen Engpass bekomme, und dann geht es auf die berüchtigte ‚Ruta 14‘.

Die Straße ist gut zu befahren und hat lediglich einige Bodenwellen, die dann aber gleich zum Rodeo einladen. Hinter der Brücke über den Rio Parana quartiere ich mich auf einem sehr einfachen Campingplatz am Fluss ein. Bei über 35°C habe ich keine Lust mehr weiter zu fahren. Nur doof, dass jeder Angler hier sein eigenes Radioprogramm hat… - und das laut!

Abends kommt Gabi, der kleine Junge der Campingplatz Besitzerin vorbei und erklärt mir die Welt. Leider verstehe ich nur einen Bruchteil von dem was er mir mitteilen möchte. Ganz beeindruckt ist er von den tiefen Furchen, die Antares im weichen Boden hinterlassen hat. Doch auch er hat einen Mercedes Lkw aus Holz. Klar dass er den Stern selbst auf der Anhänger-Steckdose wiedererkannt hat.

 

San Antonio de Areco / Bragado

Die Zeit in Argentinien ist zu Uruguay um eine Stunde verschoben und so kann ich es am Morgen gemütlicher angehen lassen. Letzte Nacht ist nämlich ein ‚alter Bekannter‘ vorbei gekommen. Der Eisenerzzug aus Mauretanien ist in der Nacht an meinem Fenster vorbei über die Brücke gerollt. Das Dröhnen der Diesel-elektrischen Loks hat mich aus dem Schlaf gerissen und ich dachte ich sei in der mauretanischen Wüste. Als die hintere Lok schließlich hupend vorbeigefahren war, konnte ich wieder schlafen.

Doch schon am Morgen heißt es früh aufbrechen. Dunkle Wolken ziehen auf und bevor ich hier im Uferbereich im Matsch versinke, mache ich mich lieber vor dem Regen auf den Weg. Von der Campingplatz-Betreiberin habe ich einen Gutschein für die Brücken-Mautstelle bekommen. Der ist ungefähr so viel Wert wie das Camping gekostet hat. Super, oder? Kann ich nur weiter empfehlen den Platz.

Und dann beginnt es auch schon zu regnen und zu gewittern. Unterwegs lege ich zwei Tankstopps ein. Das mit dem Wechselkurs ist immer so eine Sache, wenn man in US$ bezahlen will (oder muss, weil ich noch kein Geld wechseln konnte da heute Sonntag ist).

In San Antonio de Areco, eine Empfehlung die ich erhalten hatte, mache ich Halt. Wegen des Regens ist nicht viel los im Ort und so kann ich direkt an den Grünanlagen parken. Das Städtchen ist sehr nett. Ordentliche Straßen mit vielen Boutiquen und Geschäften. Leider hält das Gewitter die Kundschaft fern. Es gibt auch zahlreiche Restaurants, aus denen es schon richtig lecker duftet. In einem Lokal werden drei große Spieße am offenen Feuer gegrillt ('asado' nennt man das hier).

Die kürzlich niedergegangenen Wassermassen scheinen an der Uferpromenade und an den Schleusen im Park einiges an Verwüstung hinterlassen zu haben. Hier wird man wohl noch einige Wochen zu reparieren haben. Ich lege den Regenschirm zur Seite und fahre weiter. Aber in San Antonio de Areco will ich wohl gern noch Mal vorbei schauen.

Die Straße geht ewig lange geradeaus und ist echt ermüdend. So beschließe ich nach zirka 150 km einen Rastplatz aufzusuchen. In Bragado gibt es einen Park am See. Der Campingplatz ist eher ein Rummelplatz mit Tischen und Bänken zwischen den gemauerten Grills. Als ich jedoch schon wieder ‚auf der Flucht‘ bin, finde ich einen Weg der zum See führt und etwas abgelegen ist. Hier ist heute mein zu Hause.

 

 

Lago Cochico

Entspannt und unschlüssig ob ich heute noch weiter fahren soll, verbringe ich den Vormittag. Schließlich fahre ich doch weiter, als die Sonne zu heiß wird um draußen zu sitzen. Das Thermometer erreicht wieder bis zu 35°C.

Bis zum geplanten Tagesziel ist es weit und die Zeit könnte knapp werden, um dieses noch vor Anbruch der Dunkelheit zu erreichen. Um etwas Brot zu kaufen, steuere ich auf den Supermarkt an der RN 5 zu. Doch hier haben die Kassen schon vor längerer Zeit das letzte Mal geklingelt. Auch in den kommenden Orten sehe ich an der Hauptstraße gelegen lediglich Tankstellen, von denen ein Großteil inzwischen auch aufgegeben hat, und Landmaschinen Händler, die wohl am besten prosperierende Branche in Argentinien.

Auf den Feldern, die jedes für sich gerne schon mal die Fläche einer Kleinstadt einnimmt, fahren Mähdrescher mit Zwillingsbereifung. Traktoren haben sowohl vorn und hinten Zwillingsreifen und ziehen Ackergerät hinter sich her, für die man in Deutschland einen Panzerführerschein bräuchte. Einige Kornfelder werden von drei Mähdreschern gleichzeitig abgeerntet. Vermutlich im Akkord. Da können höchstens die hunderte Rinder und Kühe mithalten, die riesige Grünflächen ihr zu Hause nennen dürfen und deren Herden mit jedem Kilometer den ich nach Süden komme größer werden.

Damit auch alles ordentlich wächst, hilft man gerne mit der chemischen Keule nach. An den Weidezäunen hängen sogar Reklameschilder eines Konzerns aus Leverkusen. Um die großen Flächen mit ausreichend Chemie zu versorgen, gibt es hier viele dedizierte Spritzfahrzeuge. Leider riecht man selbst im Vorbeifahren das giftige Zeug was hier auf dem fruchtbaren Boden landet. Aber auch am Straßenrand wird vor und hinter den Verkehrsschildern ordentlich gespritzt, so dass dort kein Gras mehr wächst, was beim Mähen mit großem Gerät nicht erfasst und dann händisch nachgearbeitet werden müsste. Bei den riesigen Flächen neben den Straßen eine (anscheinend) nicht annehmbare Aufgabe. So fallen die Schilder wenigstens auf, denn sie stehen immer auf einer hellbraunen Insel aus vertrocknetem Gras.

Antares fühlt sich sichtlich wohl. Er trifft neben vielen anderen Familienmitgliedern auch immer häufiger auf seine Zwillings-Brüder. Der Axor ist hier sehr häufig vertreten. Vermutlich mit anderer Abgastechnik und einem andern Antriebsstrang. Aber grundsätzlich sind das gute Bedingungen, die man jedoch nie benötigen will. In Trenque Lauquen, wo ich einen Gemüse-Laden und den Supermarkt ansteuere, gibt es sogar einen Mercedes Benz Händler der Antares S.A. heißt.

Auffällig sind auch die vielen kleinen Seen und Teiche in denen ich heute auch mehrmals Flamingos sehen kann. Ein echtes Vogelparadies. An einem größeren See, dem Lago Cochico, will ich mir einen Platz für die Nacht suchen. Es gibt dort sogar einen Campingplatz. Wenn es so ruhig ist wie die letzte Nacht, dann ist alles geritzt.

Doch die Zufahrt ist bestens geteert und mit doppeltem gelben Mittelstreifen versehen. Der Grünstreifen ähnelt einem Golfplatzrasen. Als ich auf der Uferstraße an der ersten ‚dumm herumstehenden‘ Tone vorbei fahre ist noch alles in Ordnung. An den kommenden Tonnen stehen dann auch Autos. Hier geht es nicht weiter. Also gegen die tief im Rückspiegel scheinende Abendsonne alles zurück fahren. Meine Rückfahrkamera hat vor zwei Tagen einen solchen Hitzschlag abbekommen, dass damit nicht mehr viel anzugfangen ist. Hier hilft sie zumindest kein Stück weiter. Es wird schon ordentlich dengeln, wenn ich rückwärts wieder an der ersten Tonne ankomme, denke ich mir. Dann wird der Grünstreifen zum See breiter und ich kann wenden bevor noch jemandem etwas passiert, denn die Leute sind noch nicht etwas im Bett, sondern sitzen auf der anderen Seite des Zaunes und schauen mir zu.

Hiesige Campingplätze sind meist nur gut ausgestattete Picknickplätze, auf denen man jedoch nicht übernachten darf. Der dafür vorgesehene Platz ruft einen Preis von 180 Peso auf. Für mich ein Grund in der zweiten Reihe zu stehen. Schließlich wird es gleich dunkel und morgen geht es weiter, denn hier sind mir definitiv zu viele Touristen.

 

Epecuen

Die Farmer trauen ihren Pickups eine Menge zu und so hängen sie schon mal zwei Anhänger oder wie hier heute ein ganzes Silo hinter ihr Fahrzeug. Er ist für mich an die Seite gefahren ohne Angst zu haben umzukippen. Freundlich sind sie ja, die Argentinier. Erst auf dem Weg nach Epecuen bekommt Antares seine erste Piste in Argentinien - staubig und wo noch Wasser steht, schön matschig. Endlich sieht er wieder aus wie ein Geländefahrzeug.

Kurz vor Epecuen ist die Straße dann noch Mal geteert. Der ganze Ort, welcher im November 1985 nach heftigen Regenfällen überflutet wurde, hat heute, nachdem das Wasser wieder abgelaufen ist, noch sehr gute Straßen. Da das Wasser des angrenzenden Sees sehr salzhaltig ist, ist der ganze Ort mit einer Salzkruste überzogen. Die Bäume sind abgestorben aber ihre Zweige sind noch erhalten wie damals. Die Gebäude sind größtenteils eingestürzt da das Moniereisen weggerostet ist. Das nieder liegende Mauerwerk ist mit einer Salzkruste überzogen. Im Schwimmbad ist noch immer Wasser, denn der Uferbereich ist neuerdings - vermutlich nach den heftigen Regenfällen der letzten Tage - wieder überschwemmt.

Einige von euch kennen diesen alten Mann auf dem Fahrrad. Er ist es wirklich! Heute ist er der einzige Bewohner dieses Ortes, bzw. wohnt in unmittelbarer Nachbarschaft und kommt mehrmals täglich mit dem Fahrrad her.

Die Sonne beginnt mich 'zu grillen' und so gehe ich zum Auto zurück und suche erst einmal ein Plätzchen zum Übernachten. Auf einer leichten Anhöhe zwischen hohen Bäumen werde ich fündig. Es geht eine 1,5m hohe Böschung hinauf und schon steht Antares auf einer tollen Wiese. Jetzt ist langsam eine Stärkung nötig. Als ich gerade das Essen koche, beginnt es unweit zu gewittern. Dabei hört auch hier der Wind auf zu wehen. Die Hitze wird schnell anstrengend. Erst als ich schon gegessen habe und das Gewitter vorübergezogen ist, kommt plötzlich wieder ein starker Wind auf. Am Horizont ist nur mehr aufgewirbelter Staub zu sehen.

 

 

Das Gute daran ist, dass sich jetzt eine tolle Kulisse für Fotos ergeben hat und so ziehe ich nochmal los um weitere Aufnahmen zu machen. Immer wieder entdecke ich Neues. Oder besser gesagt Altes. Zum Beispiel zwei damals versunkene Autos. Das Einzige was noch neuwertig ist, sind die Stößel der Stoßdämpfer. Sie glänzen noch wie vor 30 Jahren. Dafür kann man heute anschaulich die Funktionsweise des Getriebes erklären. Ebenfalls gut erhalten ist eine Waschmaschine. Zumindest die Edelstahl-Trommel. Auch emaillierte Badewannen haben den Langzeittest gut überstanden.

Leider sind die Mücken heute ganz besonders scharf auf mich und ich höre sie nicht wenn sie angeflogen kommen. Mit dutzenden neuen Stichen kehre ich zu Antares zurück. Jetzt habe ich erstmal lange mit den vielen Fotos zu tun. Es fällt mir schwer die wenigen auszusuchen, die ich hier zeigen kann.

 

Fortin Mercedes / Pedro Luro

Die Nacht war so stürmisch, dass das raschelnde Laub sich angehört hat wie die Brandung am stürmischen Meer. Schön ist jedoch, dass es nachts trotz der hohen Tagestemperaturen angenehm abkühlt. Zum Frühstück sind es gerade mal 18°C.

Heute geht es weiter Richtung Süden. Als ich an einer Tankstelle eine kurze Rast einlege, hält neben mir ein Trucker, macht die Scheibe runter und fragt mich erstmal wo ich herkomme und wo es hin geht. Dann wünscht er mir mit Daumen nach oben eine gute Reise. Andere fragen, ob sie mich kurzzeitig zuparken dürfen. Echt nette Berufskollegen habe ich hier.

In Bahia Blanca fahre ich zu dem Campingplatz gleich rechts am Strand. Doch Strand gibt es hier nicht, dafür so niedrige Bäume, dass ich mit Antares doch nicht auf den Platz passe. Außerdem stinkt es von der Raffinerie herüber. – Wir haben Ostwind. Die Polizei kommt auch vorbei, nachdem sie ihre große ‚Versammlung‘ auf der abgelegenen Straße beendet hatten, und wollen einen Status haben. Aber dann ziehen sie weiter. Kein Stress. Trotzdem will ich hier nicht bleiben.

Wenige Kilometer kommt laut meiner Karte der erste ‚Fruit-Checkpoint‘. Da ich noch vier Orangen und eine Banane habe, gibt es jetzt ein vitaminreiches Getränk und eine stärkende Zwischenmahlzeit. Dann mache ich mich wieder auf den Weg. Kurz darauf erreiche ich den Checkpoint. Alle Lkw werden zumindest im Fahrerhaus kontrolliert. Bei ist noch ein Blick in den Kühlschrank fällig. Da der eh leer ist, blicke ich in eher mitleidiges Gesicht und darf weiter fahren. Ich weiß von noch zwei weiteren Kontrollpunkten auf dem Weg nach Patagonien. Vor diesen Checkpoints sollte man kein Obst oder Rindfleisch kaufen, da dieses nicht über die Grenze verbracht werden darf um Krankheiten und Schädlinge von der lokalen Landwirtschaft fern zu halten. Ähnliches gibt es in Australien und ganz streng auch hier an der Grenze zu Chile.

Jetzt kommt lange Zeit nichts als Straße mit rechts und links Zaun. Von einem lauschigen Plätzchen kann ich nur träumen. Also fahre ich bis Pedro Luro, wo es im Fortin Mercedes einen Campingplatz gibt. Ich bin der einzige Gast über Nacht und auch der Platz zwischen den Bäumen ist ausreichend für eine schadfreie Einfahrt. Da habe ich mir vor ein paar Tagen, vermutlich an einer Mautstelle, eine Schramme ans Auto gefahren. Man muss dort zwischen zwei Pfeilern hindurch fahren. Diese sind ganz eng beieinander, so dass Antares so gerade mit den Spiegeln hindurch passt. Sie sind schwarz gestrichen, so wie die Farbe an der Schleifspur. Vermutlich durch ein Schlagloch oder eine der dort vorhandenen Bodenschwellen hat Antares wohl etwas geschaukelt und sich mit dem Pfeiler angelegt.

Nach dem Einparken gehe ich zum Museum, welches natürlich geschlossen hat. Doch die Kirche hat noch geöffnet. Hier läuft sanfte Entspannungsmusik wie in einer Sauna. Josef und Maria sind auch schon da und knien vor der noch leeren Krippe. Viel mehr erinnert hier nicht an das bevorstehende Fest.

 

 

Playa el Pescadero / Balneario el Condor

Gleich hinter der Ortschaft beffindet sich der zweite Frucht- und Fleisch-Kontrollpunkt. Wieder reicht ein Blick in den Kühlschrank und ich darf weiter fahren. Die anwesende Polizei würde jedoch wohl ausreichen um das gesamte Land zu verteidigen. Anscheinend kontrollieren sie von hier aus ein größeres Gebiet oder nehmen sich auch mal mehr Zeit für die Kontrollen. Ich bin nur froh zügig weiter fahren zu dürfen.

In Viedma muss ich mich entscheiden ob ich die Küstenstraße oder die kürzere Route durchs Landesinnere nehme. Nach einem kurzen Abstecher im Supermarkt fahre ich in die Stadt, wo ich zufällig beim Tourismusbüro anhalte und mich eben dort informieren will, wo ich Geld tauschen kann. Leider ist gerade Siesta und so müsste ich bis 17:00 Uhr warten bis es wieder eine Möglichkeit gibt, Geld zu wechseln. Ich spaziere ein wenig durch den Ort und bin ziemlich allein unterwegs. Alles Geschäfte geschlossen und keine Menschen zu sehen. Also versorge ich mich mit etwas lokalem Geld aus dem Automaten und mache mich auf den Weg. Im Tourismusbüro hat man mir einen Prospekt mitgegeben, der mich motiviert, die Küstenstraße zu nehmen. Es sind nur zirka 30 km bis El Condor. Hier fahre ich durch den Ort Richtung Strand. Mutige Leute haben ein Banner über dir Straße gespannt, welches für Antares zu niedrig hängt, aber auch keinen echten Widerstand bietet. Aber es bleibt hängen und fegt das Dach sauber.

Im Ort selbst ist nicht viel los. Ich fahre Richtung Osten und komme nach zwei Kilometern an die Mündung des Rio Negro. Hier parke ich zwischen kleinen Bäumen und Sanddünen für die Nacht. Die Location mit dem gold-gelben Gras und den kleinen Bäumen könnte so auch aus Afrika stammen. Zu mir gesellt sich ein französisches Pärchen mit ihrem Toyota, die mich am Morgen bereits auf der Straße überholt hatten und jetzt auch hier ‚gelandet‘ sind.

Abends höre ich schönes FM-Radio, welches Musik anscheinend noch von Platte spielt, denn die Lieder springen oft. Ein lange vergessenes Gefühl von Musik-Hören. Aber das macht es umso authentischer :-)

 

Balneario el Condor

Am Morgen werde ich von laut zwitschernden Vögeln geweckt. Nur ungefähr eine Stunde geben sie alles, dann kehrt wieder Stille ein. Naja, soweit man das bei dem Wind sagen kann. Es weht und der feine Sand findet seinen Weg durch jede Ritze. Also beschließe ich weiter zu fahren.

 

 

 

 

 

Kurz hinter dem Ort, an der Küstenstraße, halte ich um die ‚Parrots‘ zu fotografieren. Es soll hier die größte Kolonie der Welt mit bis zu 35.000 Vögeln geben. Aber es ist nicht so einfach auch nur einen davon zu überzeugen, sich in Ruhe ablichten zu lassen. So verbringe ich den gesamten Tag damit, einige brauchbare Fotos zu schießen.

Auf einem Parkplatz in einer kleinen Bucht finde ich einen etwas windgeschützten Platz. Hier genieße ich den Blick auf das Meer.

 

 

 

 

El Espigon

Was für eine Aufregung. Ich habe schon tief und fest geschlafen. Jedoch nicht so tief, dass ich nicht das Auto auf den Parkplatz hätte fahren hören. Es ist ungefähr 3:00 Uhr nachts. Ein Auto fährt mit hoher Geschwindigkeit auf den Parkplatz neben mir. Ungefähr ein halbes Dutzend Männer sind zu erkennen. Zwei scheinen zu Fuß gekommen zu sein. Ich denke es ist Polizei, denn mit ihren Taschenlampen erzeugten sie ein blinkendes Licht. Doch dann versinkt die Szenerie im Dunkel. Die Männer räumen etwas aus dem Kofferraum und schleppen es in die kleine Hütte, in der sich früher eine Küche mit großem Grill befand oder auch noch befindet. Ein Mann sitzt vor der Hütte und zündet sich in der kalt feuchten Nacht Luft eine Zigarette an. Ein Aufblitzen seines Feuerzeugs zwischen den sonst vielen Sternenlichtern. Verschleppen sie Diebesgut? Wird Rauschgift versteckt. Haben sie eine Leiche im Teppich zu entsorgen? Ich halte die Luft an und bin gespannt was als nächstes passiert. Es geht immer wieder zwischen Auto und Hütte hin und her. Nach etwa zwanzig Minuten kommen alle am Auto zusammen. Nur im Lichtstrahl der zwei Taschenlampen kann ich etwas erkennen. Bin ich das nächste Opfer dieser Bande?

Die Männergruppe geht zum Strand. Die Parrots werden aufgescheucht. Klauen sie ihnen die Nesteier oder fangen sie gar die Tiere für den internationalen Zoohandel? Die Lichter der Taschenlampen huschen durch die feuchte Nachtluft und über das Meer. Dann kommt plötzlich ein zweites Auto. Sind das die Komplizen? Eine Gruppe von drei oder vier Männern steigt aus und schafft Dinge aus dem Auto. Dann verschwinden auch sie zum Strand. Dies wäre für mich die Gelegenheit die Location zu wechseln, aber eine kollektive Diebesbande agiert wohl anders und um eine ‚lästige Leiche‘ loszuwerden braucht es auch keine solch große Gruppe an Bösewichten. Meine Anspannung fällt langsam ab. Sind es vielleicht doch nur Angler die gleich nach dem Abendbierchen zum Fischen hergekommen sind? Es dauert noch bis zum Morgengrauen, als ich die ersten Männer mit ihren Angelruten vom Strand zurückkommen und ins Auto einsteigen sehe. Also alles ganz harmlos. Man sollte sich beim freien Campen halt immer auf nächtlichen Besuch einstellen. So wie damals die große nächtliche Suchaktion der Gendarmerie in Spanien. – Jetzt noch eine Mütze voller Schlaf.

Man mag mir nachsehen, dass das Frühstück heute etwas später stattfindet. Doch anschließend unternehme ich einen Spaziergang in den ebenfalls total verschlafenen Ort El Condor. Hier gibt es derzeit mehr Geschäfte als Touristen und die Geschäfte kann man an einer Hand abzählen. Die Touristen-Information ist jedoch, mit zwei Leuten, für meinen Geschmack etwas überbesetzt.

Auf dem Rückweg sehe ich wie ein Paraglider den starken Wind nutzt, um sich zwischen den Parrots an den Klippen entlanggleiten zu lassen. Ein anderer Glider war gestern beim Start am starken Wind gescheitert und hätte sich beinahe den Gleitschirm an hervorstehenden Moniereisen zerfetzt. Gerard wird seine Freude haben, wenn er in den kommenden Tagen hier vorbei kommt. Für den Auftrieb nutzen die Glider keine Thermik, sondern lediglich die Dynamik des Windes, wenn er im nahezu rechten Winkel vom Meer auf die Steilküste trifft und dort dann senkrecht aufsteigt.

Ich fahre nur etwa 20 km weiter und finde einen schönen Platz an der Steilküste. Hier bleibe ich und nutze die Zeit zum Lesen. Doc erst kommt ein französisches Paar vorbei, welches sich auf einer einjährigen Weltreise in östliche Richtung befindet. Und dann zwei italienische Fahrzeuge mit teils bayrischer Besatzung, welche nach einem geeigneten Schlafplatz sucht. So viel europäische Kultur an nur einem Tag bin ich schon gar nicht mehr gewohnt. Doch letztendlich habe ich diesen Ort abends wieder für mich ganz alleine. Zur Krönung gibt es einen kaminroten Sonnenuntergang, zu dem ich mir eine südamerikanische „Pseudo-Loaker“ gönne.

 

Punta Bermeja / San Antonio Este

Es geht nur noch wenige Kilometer über Teerstraße. Das Überholverbotsschild erinnert daran, dass jeder Argentinier einen Sportwagen fährt. Ab La Loberia führt nunmehr eine Piste an der Küste entlang. Um das Wellblech auszugleichen muss ich mir eine neue Reisegeschwindigkeit von 70 km/h oder mehr aneignen. In den Kurven oder bei leichten Sand-Durchfahrten wird es dann schon mal brenzlig. Aber es macht riesigen Spaß. Der Schotter fliegt nur so und hinter mir ziehe ich eine weithin sichtbare Staubfahne her. Gut dass hier kaum jemand unterwegs ist.

Als lohnenswerte Ausflugziele gibt es zum Beispiel das Reserva Faunistica Provincial Punta Bermeja, wo es viele Informationen zu den hier lebenden Seelöwen und anderen Tieren gibt. Eine kleine Ausstellung sowie zwei Dokumentar-Filme schaue ich mir an. Die Seelöwen kann man jedoch nur von einer Aussichtsplattform weit weg oben auf den Klippen betrachten. Zum Strand kommt man nicht runter. Ist aber bei den bis zu fünf Tonnen schweren Tieren, die keineswegs behäbig sind, keine schlechte Idee.

Die Jahreszeit ist nicht ganz optimal. Die Wale scheinen hier schon weg zu sein und die Jungen der Seelöwen lassen noch ein paar Tage auf sich warten.

 

Auf der Piste geht es weiter entlang der Küste. Ein ausgewiesener Campingplatz ist wenig einladend und so fahre ich, als ich dort kurz das weltreisende französische Pärchen wiedergetroffen hatte, weiter. An einer Gabelung entscheide ich mich weiterhin über die Küstenstraße zu fahren. Dort finde ich dann kurz vor San Antonio Este einen Platz am Strand für die Nacht.

 

Las Grutas / Puerto Madryn

Die Idee für den Tag ist nach Las Grutas zu fahren und notwendige Besorgungen zu machen. Der Supermarkt ist an einem neuen Standort etwas weiter Stadt-einwärts. Dafür ist er ganz neu und ich kann sogar mit Antares auf den Parkplatz fahren, da sie hier (noch) keine Höhenbegrenzungen installiert haben. Mit Obst und Fleisch muss ich mich weiterhin zurück halten, denn bald kommt der nächste Meat and Fruit Checkpoint (der auf Spanisch natürlich anders heißt J ). An der Kasse im Supermarkt gibt es dann etwas Verwirrung und eine zweite Kassiererin kommt um mir zu erklären, dass auf den zwei Bierflaschen jeweils ein Pfand von 9 Pesos erhoben wird, welches ich aber zurück bekomme, wenn ich die Flaschen wieder abgeben. Dazu notieren sie zusätzlich handschriftlich die Ausgabe von 2 Glasflaschen, unterschreiben dies und händigen mir den Zettel aus, den ich bei Rückgabe wieder vorlegen muss. – Ich glaube eine kleine eigene Brauanlage im Auto wäre auch etwas Feines….

Auf dem Parkplatz werde ich dann noch von einer Frau über Antares interviewt. Ihr Mann möchte auch einen Camping-Truck haben. Sie fragt auch schon sehr gezielte Fragen und macht Fotos (Ich finde später eine lokale Version von einem Overland-Truck in der Stadt). Dann hat sie im Gegenzug auch einen Tipp für Geldwechsel für mich. An der Bank bekommt man nämlich nur den offiziellen Kurs und so suche ich jemanden, der den Blue Dollar eintauscht. So nennt man hier den halb legalen Markt für Geldwechsel.

Jetzt fahre ich in den Ort. Mein Auge fällt sofort auf eine Bäckerei. Hier gibt es Brötchen und süße Teilchen. Sowas gibt es im Supermarkt nämlich nur in lausiger Qualität. Außerdem bessere ich mein Spanisch und die Verkäuferin ihr Deutsch auf.

Der restliche Ort könnte so in Europa wohl nur auf Mallorca existieren. Eine echte Touristenhochburg mit derzeit noch überschaubaren Besucherzahlen. Das Casino, in dem ich Geld wechseln will, hat noch geschlossen. Im angegliederten Hotel will man mir auch nur den offiziellen Wechselkurs bieten. Nein – Danke. Aber auch die Tankstellen sind hier sehr viel restriktiver als noch im Norden, wo jede Tankstelle den Blue Dollar akzeptierte.

Der Blue Dollar ist deswegen so interessant, weil Einheimische ungefähr 60% Aufschlag zahlen müssen um Waren aus dem Ausland zu erwerben, die natürlich in Dollar zu bezahlen sind. Da ist ein 40%iger Aufschlag bei einem Touristen durchaus interessant. Außerdem legen viele Argentinier ihr Geld lieber in US$ unters Kopfkissen als es einer hiesigen Bank in inflationärer lokaler Währung anzuvertrauen. Dafür hat die Bevölkerung in den vergangenen Jahren zu viel Lehrgeld bezahlen müssen.

Ich entschließe mich weiter zu fahren nach Puerto Madryn, der nächsten größeren Stadt. Dann sollte ich auch den letzten Meat and Fruit Checkpoint hinter mir haben und darf wieder Obst einkaufen. Nur an dem Checkpoint hat gerade keiner Lust zu arbeiten und so werde ich locker durchgewinkt.

Vor mir baut sich eine dunkle Gewitterfront auf, die ich bereits von weitem in ihrer dunklen bedrohlichen Farbe mit den unzähligen Blitzen betrachten kann. Es blitzt meist mehrere Male an derselben Stelle als könne sich die elektrische Ladung nicht schnell genug entladen. Dann komme ich in den Regen, was Antares den Dreck abwäscht und mir einen wohligen Duft ins Auto treibt, der wie das frische Holz in einer aufgeheizten Sauna duftet.

Mit dem Gewitter bekomme ich immer stärker werdende Kopfschmerzen. Vermutlich weil ich heute zu wenig gegessen habe. Statt in die Stadt zu fahren, suche ich mir einen Platz an der Küste um  mich zu regenerieren. Ich habe gerade einen Platz eingenommen, kommt auch schon die Polizei. Sie empfehlen mir dringlich noch etwas weiter zu fahren, da es hier nicht sicher sei. Mir platzt gleich der Kopf. Dennoch mache ich mich wieder auf den Weg. Der erste Platz ist noch weniger geeignet. Dann der zweite Platz, am Playa El Doradillo, ist wohl der, den die Polizisten meinten. Hier ist Camping auch ausdrücklich erlaubt. Ein kleiner Parkplatz unmittelbar an einem rieseigen Strand. Echt toll gelegen. Aber ich lege mich erstmal hin um mich zu kurieren.

 

Peninsula Valdes – Playa Pardelas

Als ich die Abfahrt vorbereite und die Sachen durch den Durchstieg nach vorne lege, schaut mich ‚Speedy Gonzales‘ an und macht sich schneller als ich reagieren kann durch Antares‘ Schalt- und Kontrollzentrale davon. Wo kommt der denn her? Ist der nicht in Mexico? Also es gibt keine Öffnung durch die dieser kleine Käsefresser in die Fahrerkabine gekommen sein kann und wie lange fährt der eigentlich schon mit. Nicht auszudenken man hätte ihn bei der Meat and Fruit Inspection gefunden. Ist das ein Gag der Grimaldi-Leute? Ich öffne dem Speedy alle Türen (nach draußen). Selbst die Dachluke öffne ich, weil ich auf dem Dach etwas nachsehen will. Ob er sich derweil aus dem Staub gemacht hat, kann ich nicht sagen, aber ich finde ihn gerade auch nicht mehr. Ich werde wohl nochmal eine gründliche Inspektion machen müssen.

Erst geht es aber in die Stadt. Projekt ‚Blue Dollar‘ wartet. Ich muss unbedingt ein Lebenszeichen nach Hause absetzen und Geld wechseln. In diversen Läden bin ich mehr oder weniger erfolgreich mein Tank-Geld zu tauschen und lerne dabei viele interessante nette Menschen kennen. Bankgeschäfte können so interessant sein, dass kann man sich in Deutschland gar nicht vorstellen. Nennen wir es das „Adventure-Banking“ der Zukunft. Gehe zur Bank und komme ohne Geld aber mit neuen Freunden zurück. Ich habe das Prinzip Blue Dollar bereits lieben gelernt, nachdem es mir erst doch einiges Kopfzerbrechen bereitet hatte.

Das größte Geschäft macht der Obst und Gemüse Händler, wo ich für die nächsten Tage einkaufe. Dann fahre ich in Richtung Peninsula Valdes. Es geht wieder über die Piste an der Küste entlang. Freude am Fahren! Doch die Strecke ist verdammt lang und ich habe die Größe der Halbinsel wohl unterschätzt, was mir erst im Visitor Information Center so richtig bewusst wird. Hätte vielleicht doch erst zum Tanken fahren sollen. Egal.

Ich fahre in Richtung Playa Pardelas und umgehe den einzigen (touristischen) Ort auf der Halbinsel. Es ist ruhig und ich teile mir das weitläufige Gebiet mit nur ganz wenigen anderen und der Polizei, die hier gerade Patrolie fährt. Von der felsigen Küste höre ich wie das kristallklare Wasser, in dem man hier auch sinnvoll tauchen kann um Fische zu sehen, die Brandung speist.

 

Peninsula Valdes – Pinguineria / Punta Cantor

Beim Frühstück werde ich bereits beobachtet. Von den Klippen schauen mir Guanakos zu. Es ist sehr windig geworden und auf dem Meer haben sich weißen Schaumkronen gebildet. Mein Entschluss heute in kurzer Hose zu werde ich wohl bereuen. Es sind nur 22°C.

Ich entscheide mich dazu, die Runde entgegen des Uhrzeigers zu fahren. So kann ich die Nordschleife auslassen, solle es wider Erwarten wenig spektakulär sein. Die Distanzen sind lang. Es dauert eine ganze Weile bevor zur Linken der erste von zwei Salzseen auftaucht. Leider finde ich keine öffentliche Straße dort hin. Alles ist mit Zäunen versehen und Gatter versperren den Weg. Hier wurde vor über hundert Jahren Salz abgebaut. Der See liegt 40m unter dem Meeresspiegel und auch die Piste auf der ich unterwegs bin, liegt bereits 7m unter Null. Sowas ist spannend. Am zweiten See komme ich etwas näher vorbei, jedoch ist auch hier kein Hinkommen. Also geht es weiter.

An der Küste angekommen ist der erste Ort ebenfalls hinter Gattern – eine Estanzia. Ich fahre als weiter bis zur ersten Loberia. Doch hier gibt es weder Parkplatz noch einen Zuweg. Ich halte auf der Piste und schlage mich durch das Gebüsch. Es gibt hier eine Sorte Gras, welches Samen wie die Ehren von Gerste hat, die sich spitz und verhakend durch Schuh und Socken bohren und sich mit mir paaren wollen. Echt nervig. Beim nächsten Geländeeinsatz fahre ich oder ziehe meine Bergstiefel an. Doch als Lohn blicke ich auf einen Strand mit Seeelefanten. Leider kann ich die Steilküste nicht hinabsteigen, doch auf der anderen Seite vielleicht auch ganz gut so für die Tiere. So behalten sie ihre Ruhe. Wobei davon nicht viel zu hören ist, denn die Tiere schreien sich gegenseitig an und reißen das Maul weit auf. Kräftemessen und Revierkämpfe finden gleich mehrere statt.

Es geht weiter bis Punta Cantor, dem ersten Parkplatz an einem Touristen Center. Von hier aus führt ein angelegter Wanderweg bis fast zur Mündung der Lagune. Man kann Seeelefanten und ich meine ersten Pinguine bestaunen. Hier werden die Massen durchgeschleust. Und das obwohl die Saison seinen Höhepunkt gerade gehabt hat bzw. erst nach Weihnachten wieder haben wird.

Der nächste Stopp ist unmittelbar gegenüber der Meeresöffnung der 30 km langen Lagune. Hier spülen die Gezeiten zweimal täglich frisches Wasser in die Lagune. Den Tidenhub würde ich auf zwei bis drei Meter schätzen. Somit kann man sich vorstellen wie viel Wasser hier mit den Gezeiten jeweils hin und her fließt. Dies bringt jedoch auch eine riesige Menge an Sedimenten mit – bis zu 1.400 Tonnen pro Tag. Das führt dazu, dass der Zufluss zur Lagune langsam immer enger wird. Damals fuhren hier noch großen Schiffe in die Lagune, um von den Estanzias Wolle abzuholen. Heute müssen die Wale schon über die Untiefe ‚springen‘, wollen sie rein oder raus. Nur leider sind gerade keine Wale zu sehen.

Ich fahre weiter zur Pinguineria. Hier leben Maggelan Pinguine. Man hört und riecht sie bereits vom Parkplatz aus. Sie rufen nach ihrem Partner bzw. wollen ihr Revier und Nest verteidigen. Das hört sich an wie eine Herde Esel. Leider kann ich kaum Junge entdecken, die erst kürzlich geschlüpft sind. Dann macht die Batterie im Fotoapparat schlapp und just in dem Moment, als ich gerade wieder ins Auto einsteige, läuft mir ein Gürteltier über den Weg. So’n Mist. Jetzt beschließe ich hier zu bleiben und lege mich im Ausguck des Fahrerhauses auf die Lauer. Doch alles was ich in der kommenden halben Stunde zu sehen bekomme sind ein paar Hasen. Dennoch, während des Abendessens läuft oder springt schon mal das ein oder andere Tier aus und durchs Gebüsch. – Hoffentlich geben die Pinguine heute Nacht Ruhe.

 

 

 

 

Peninsula Valdes - Punta Norte / Playa Las Canteras

Natürlich haben die Pinguine die ganze Nacht hindurch Heulboje oder besser Eselstall gespielt. Erst am Morgen wurde es ruhiger, als die Sonne wieder raus kam und sie sich stolz hinstellten um die wärmenden Strahlen zu empfangen. Andere Tiere hingegen haben ganz subtil mit Urin Antares‘ Reifen markiert. Und zwar hinten rechts und vorne links, so dass ich auch weiß: ‚Ich war hier als du schliefest – und zwar überall‘. Vermutlich die Hunde des Gauchos, der in frühen Morgenstunden auf seinem Pferd vorbeigeritten kam. Dabei sind Hunde von Besuchern verboten.

Ich mache mich auf den Weg nach Norden. Die Alternative wäre die Abkürzung über die Tangente RP52 gewesen. Doch ich werde kurz darauf für meine Entscheidung belohnt. Der Abschnitt zwischen meinem Nachtplatz und dem Norden stellt sich für mich als der beste heraus. Unbeschreiblich viel Leben findet sich zwischen den Inseln, die sich in der Lagune gebildet haben. Es ist auch sehr viel grüner hier als in den anderen Gebieten. Vögel, Pinguine, Seeelefanten und Seelöwen. An Land treffe ich auf eine Herde Guanakos, die, so empfinde ich es als ich aus der Dachluke schaue, mehr mich beobachten als ich sie. Denn die größeren Tiere lassen dieses komische knatternde Tier mit den vier runden Füßen nicht aus dem Auge. Aussteigen aus dem Fahrzeug ist hier verboten, doch kaum jemand hält sich daran. – Leider. So werden die Tiere immer an- und fort-getrieben. Da ist mein Logenplatz in 3,5 m Höhe einfach unbezahlbar. Mit Fernglas und Teleobjektiv kann ich von dort alles überblicken und fotografieren. Und dennoch ärgere ich mich manchmal, dass ich mir keinen TC20 Telekonverter mehr gegönnt habe. Einige Tiere sind und bleiben einfach zu weit weg für ein 200 mm Teleobjektiv.

Nicht so der kleine Räuber, der einen jungen Pinguin erbeutet hat und sich gerade über ihn her macht. Ich habe hier mal nur das 'kinderfreundliche' Foto eingefügt. Es gibt die wunderbare Natur hier auch in ihrer vollen Härte zu sehen.

Am Punta Norte gibt es einen Parkplatz und angelegte Aussichtsplattformen. Zur richtigen Zeit, wenn die Wale und Orcas hier sind, will man sich bestimmt länger hier aufhalten und ist über die Bänke froh. Doch heute ist es ziemlich still. Also fahre ich wieder Richtung Süden, denn es ist sehr windig und Wolken ziehen auf. Es ist Regen vorhergesagt.

Antares hat sich mächtig gegen den Wind von vorne zu stemmen. Ich sehe es an seinem Verbrauch, über den ich übrigens sehr zufrieden bin. Ich denke die Motoroptimierung hat hier auch einiges positiv beim Verbrauch bewirkt. Gut dass der Wind von vorn kommt, so bleibt die riesige Staubwolke hinter uns. Doch die Piste hat einige stellen mit tiefem Kies, so wie auf den Notausfahrten für Lkw auf einigen deutschen Autobahnen. Da wird man ungewollt abrupt langsamer. Dann muss man erst mal wieder in die Spur kommen und dann auf maximal erlaubte 60 km/h beschleunigen.

Kurz vor Puerto Madryn suche ich einen wenigstens etwas windgeschützten Platz am Playa Las Canteras um zu entspannen und etwas Hausarbeit zu erledigen. Schließlich ist die Temperatur am Nachmittag binnen zwei Stunden um mehr als 10°C auf 34°C gestiegen. Und das bei dem starken Wind. Das ist einfach anstrengend :-) .

 

Ninfas

In Puerto Madryn geht es nochmal um den Blauen Markt und ich besuche Daniel, einen ‚alten Bekannten‘, der einen Souvenir-Shop hat und mir mit Freude u.a. einige Reisetipps mit auf den Weg gibt. Dann fahre ich zur Tankstelle. Einmal Diesel und Wasser auffüllen. Das Wasser ist kostenlos, aber für den Diesel muss ich mit einem ziemlich dicken Bündel Scheinen zur Kassen. Hier wird Geld übrigens häufig mit Gummibändern zusammengehalten. Zum einen werden so größere Beträge gebündelt, das macht das Bezahlen schneller. Zum anderen hilft ein Gummiband, dass beim Nachzählen die vielen Scheine des Geldbündels nicht ungewollt auseinander rutschen. Ich bin erstaunt wie schnell die Locals hier geübt sind das Geld zu zählen. Da habe ich noch lange nicht die nötige Routine drin. Ich muss auch noch Gummibänder kaufen… Portemonnaie kannst du hier eh vergessen.

Hinter der Tankstelle fahre ich ein kleines Stück Teerstraße und just dort knallt es und ich habe einen Steinschlag in der Windschutzscheibe. Glaskleber, zur Sicherung des Schadens und der restlichen Scheibe, habe ich natürlich nicht dabei. Davon hatte ich erst gelesen, als ich bereits unterwegs war. Aber es mag ja noch Globetrotter geben, die gerade erst am Packen sind J. Also packt eine kleine Tube Glaskleber ein, für den Fall das es bei euch mal knallt.

Nur durch die Innenstadt komme ich auf die RP1 und dann über die RP5 nach Ninfas (S42,97921° W64,30862°). Eine Empfehlung u.a. von Daniel. Hier gibt es schöne Stellplätze oben auf den Klippen. Mit etwas Mut kann man auch an zwei Stellen (Seil-gesichert) die Steilküste hinabsteigen und unten den Seeelefanten einen Besuch abstatten. Heute ist es jedoch zu windig dafür. Regentropfen und Sand hämmern mit einer ungeheuren Geschwindigkeit auf mein Gesicht ein. Nach dem lästigen Wind in der Westsahara lerne ich jetzt eine neue Dimension von Wind kennen. Das ist wohl der Wind für den Patagonien so berüchtigt ist. Da bin ich froh Antares bei mir zu haben und keinen Toyo mit Dachzelt. :-)

Am nächsten Tag beruhigt sich der Wind und die Sonne kommt raus. Der Vormittag gehört einigen Arbeiten am Auto. Dann steige ich die Steilküste hinab. Alpine Erfahrungen sind von Vorteil. Das oberste Stück ist durch ein Seil und eine Strickleiter begehbar gemacht. Der Rest ist sehr sandig und rutschig. Ausrutschen sollte man hier nicht!

Unten angekommen bekomme ich erstmal ein ganz anderes Bild vom Strand. Er verläuft viel steiler, als ich das von oben sehen konnte. Die Tiere haben schon einiges an Höhenmetern zu überwinden, wollen sie oben am Strand liegen. Doch die meisten scheinen so faul zu sein wie es auf den Fotos aussieht und liegen nahe am Wasser. Das ist wohl auch aus Sicherheitsgründen so, denn wenn eine komische Gestalt in Schuhgröße 44 durch den Kies an gerobbt kommt, fühlen sich einige Tiere gestört und ziehen sich in Nass zurück, andere reißen eindrucksvoll das Maul auf. Außerdem scheint die Verdauung von Fisch einigen Überdruck zu erzeugen, den die Seeelefanten lautstark raus lassen.

Weiter draußen hat sich eine Gruppe Kormorane auf dem durch die Ebbe freigelegten Fels niedergelassen. Ich will zu ihnen raus laufen, doch dazu muss ich zwischen zwei Seeelefanten hindurch. Der eine schläft, der andere ist wenig gut gelaunt. Er hat eine Wunde am Rücken und vielleicht ist es deshalb, warum er mich schon beim Näherkommen anraunzt. Doch ich fasse allen Mut zusammen und bahne mir den Weg auf das von Algen und Muscheln übersäte Plateau. Ich komme ein gutes Stück weit an die Vögel heran, bis Wasser mir den Weg versperrt. Super! Jetzt muss ich nur noch heil wieder an den beiden Kammeraden am Strand vorbei und dann die Steilküste hinauf klettern. Geschafft.

 

Camarones

Von Ninfas geht es weiter Richtung Süden. Es ziehen dicke Regenwolken auf, so beschließe ich, den Abstecher zur Estanzia Bahia Cracker, wo es eine tolle Aussicht geben soll, auszulassen. Vielleicht beim nächsten Mal.

Auf der Piste sonnt sich ein argentinischer Hase (Mara). Als er mich bemerkt, läuft er davon. Aber er nimmt genau dieselbe Piste wie ich. Er läuft genau in unserer Spur und macht dabei 55 km/h. Doch irgendwann wird es ihm zu bunt und er entschwindet mit einem Satz ins Gebüsch neben der Piste.

Ich bin froh noch trocken bis nach Rawson zu kommen. Ab hier gibt es wieder Teerstraße. Hier und in Trelew versuche ich fast drei Stunden lang einen Zugang ins Internet zu bekommen um Weihnachtsgrüße los zu werden und meinen Reisebericht zu erweitern. Das ist echt anstrengend heute.

Inzwischen regnet es kräftig. Ich bin mir uneins, welche Route ich nehmen soll. Die Empfehlung die ich erhalten habe geht Land einwärts entlang des Rio Chubut. Der Fluss gibt der Region ihren Namen. Doch bei so viel Regen macht das wenig Sinn und so entscheide ich mich weiter über die RN3 zu fahren. Nach einer Stunde habe ich dann den ersten Schnee dieser Reise unter den Pneus. Nur kurz, aber zwei Autos hat es gleich von der Straße ‚geschossen‘. Der eine steht nach einem Überschlag verlassen am Grünstreifen und der andere steht 20 m weit im Gebüsch, aus dem man ihn gerade versucht zu bergen. Das Thermometer zeigt gerade noch 7°C. Doch es wird wieder schöner.

Es ist eine ermüdende Fahrt und so biege ich nach Camarones ab. Es sind nur noch 72 km bis zu dem kleinen, verschlafenen Küsten-Ort. Es ist sehr ruhig hier. Doch ich fahre noch etwas weiter südlich, wo ich einen tollen Übernachtungsplatz am Strand finde und ich weiß gar nicht ob ich links raus zum Sonnenuntergang oder rechts auf das Meer und die leuchtenden Felsen schauen soll.

Den nächsten Tag verbringe ich im Park Cabo dos Bahias. Hier ist eine große Pinguin Kolonie zu Hause und in der Ferne sieht man Seelöwen. Der Zugang ist kontrolliert und man darf sich nur auf den angelegten Wegen aufhalten. Dafür geht man über Stege mitten durch die Kolonie und hat irgendwann sicherlich mal Pinguine unter seinen Füßen. Ein ganz junger Pinguin hat das Nest verlassen und robbt fast kraftlos umher. Bei den umher fliegenden Raubvögeln ist es fraglich ob er Morgen noch erleben wird. Eigentlich seltsam, denn einer der beiden Eltern passt typischerweise auf das Nest und den Nachwuchs auf. Woanders ist das Familienglück beisammen und man posiert für ein Foto.

Guanakos laufen hier ebenfalls umher und sind etwas weniger scheu als die auf der Peninsula Valdes. Überhaupt finde ich diesen weniger bekannten Naturpark landschaftlich sehr viel attraktiver als Peninsula Valdes. Auch die schmalen und bergigen Pisten machen viel mehr Spaß zu fahren als die breiten, platten Pisten in Valdes.

Leider sehe ich keine der in Aussicht gestellten Delphine. Bis 19:00 Uhr muss man den kostenlosen Park wieder verlassen. Campieren darf man hier nicht. Dafür gibt es aber neben der Piste auf dem Rückweg wieder einige Gelegenheiten.

 

Sarmiento

Relativ früh mache ich mich auf den Weg, denn die geplante Etappe wird eine der bisher längsten in Argentinien. Die Piste ist in gutem Zustand. Die Spurweite ist allerdings nur für Pkw, da hier kaum Lkws unterwegs sind. Das sorgt für ein permanentes hin und her, wenn die Spur doch mal wieder etwas ausgefahren ist.

Bei Bustamente fahre ich geradeaus, bis ich an ein Gatter komme. Ist hier die öffentliche Straße zu Ende oder darf ich das Land trotz des geschlossenen Gatters befahren? Ich beschließe doch über die breite Piste zur RN3 zu fahren um jedem Ärger aus dem Weg zu gehen. Ich muss nur ein Stück zurück fahren. Dabei gibt es sogar noch eine Abkürzung. Eine Piste die so wenig befahren ist, dass in deren Mitte dichte Grasbüschel wachsen. Herrlich hier zu fahren. Doch dann kommt auch hier ein Weidezaun, den ich jedoch öffne, hindurch fahre und wieder schließe. Nach weiteren zwei Kilometern komme ich an eine Brücke, von der etwa 10 m fehlen. Ich teste das Flussbett, doch der Sand ist extrem weich. Hier hindurch zu fahren wäre alleine zu riskant, denn ich habe niemandem zum Schaufeln und die Regenwolken über dem Gebirge können den trockenen Sandkasten schnell in einen reißenden Fluss verwandeln, dann ist Ende. Außerdem ist auf der anderen Seite kaum noch etwas von einer Piste zu erkennen und obwohl es nicht mehr weit bis zur angelegten Piste sein kann, lasse ich dieses Spiel heute sein. Also fahre ich alles zurück und nehme die ausgeschilderte Strecke. Die Piste wird schlechter, denn es geht stetig bergan und beim Bergauffahren, oder aber auch beim Abbremsen bergab, verursacht man diese hässlichen Wellblechformationen auf der Piste und davon gibt es hier schon mehr als zuvor auf der Piste entlang der Küste.

Als ich auf der RN3 gen Süden unterwegs bin, winkt am Straßenrand ein Mann mit einem leeren Kanister. Ich fühle mich an Marokko zurückerinnert. Doch er braucht Nafta (Benzin) und möchte bis zur nächsten Tankstelle mitgenommen werden. Okay, kein Problem, steige ein! Als nach eineinhalb Stunden noch immer keine Tankstelle erreicht ist, aber meine geplante Route sich nach rechts richtet, entscheide ich mich den Mann namens Geronimo in die nächste Stadt zu fahren. Schließlich ist Weihnachten, die Zeit für gute Taten. Dumm nur, dass ich dabei das ganze Gebirge wieder zur Meer-Seite hinab fahre, wobei ich doch nach Westen will. Nach 20 km Umweg lasse ich Geronimo an einer Tankstelle raus. Besonders interessierte er sich für diese Anzeige mit der Landkarte, auf der die aktuelle Position und die Route zu sehen ist und durch Zoomen kann man sogar die nächste Tankstelle ausfindig machen. Er fragt was das Gerät kostet - in Pesos :-).

Dann entscheide ich spontan über die neue Route zum Zielort. Gleich hier am Kreisverkehr gibt es eine alternative Route und die ist sogar geteert. Doch das ändert sich bereits nach wenigen Kilometern und die Straße mündet in eine ganz üble Piste. Hier findet ausschließlich Bau- und Werkverkehr der Ölgesellschaften statt, die hier mit hunderten Löchern nach Öl gebohrt haben und das weiterhin tun. Ich komme nur langsam voran und gewinne nur ebenso langsam meine Höhenmeter zurück.

Nach einer gefühlten Ewigkeit komme ich wieder auf eine geteerte Straße. Die Sonne steht schon tief. Es ist sehr viel los, denn alle Arbeiter scheinen mit Pickups oder Kleinbussen von den Plattformen zu kommen und sich auf den Weg in den Weihnachtsurlaub zu machen. Oder ist das vielleicht jeden Tag so?

An einer YPF Tankstelle habe ich Gelegenheit nochmal online zu gehen und die letzten Mails zu Weihnachten zu versenden bzw. welche zu empfangen. Dann ‚reite‘ ich der tief stehenden Sonne entgegen nach Sarmiento. Durch den Ort hindurch geht es noch ein letztes Mal auf eine Piste. Dann stehe ich erneut vor einer Brücke, die mir eine Herausforderung bietet. Die Spurbreite ist knapp so breit wie die von Antares. Andere Lkw scheinen bereits die Betonecken abgefahren zu haben. Die Substanz sollte tragen. Also fahre ich wie auf Schienen hinüber. Kurz darauf erreiche ich den See. Die Brandung ist starker und lauter als alles was ich jüngst vom Atlantik gehört habe. Der Wind hat das Wasser zu einem schäumenden Getöse aufgebaut. Ich kann nicht aus- oder einsteigen ohne Schwierigkeiten mit der Tür zu bekommen, die mir der Wind aus der Hand reißt. Wenn man die wunderbare Natur hier industrialisieren wollte, muss man als Auflage vermutlich akzeptieren Ohrenschützer tragen zu müssen, so laut sind der Wind, die rauschenden Bäume und die Wellen des Sees.

Sarmiento - Bosque Petrificado

Am Morgen hat der Wind ein wenig nachgelassen. Zurück im Ort erledige ich noch ein paar Dinge. Im Tourismus Büro werde ich mit Geschenken bedacht. Ich glaube die Angestellten freuen sich über jeden der hier mal rein schaut. Obwohl, die Gegend ist gar nicht so uninteressant. Nur der Bäcker, bei dem ich ein Baguette kaufe, weiß noch nicht so recht wie es geht…. Dabei staubt es hier schon ohne Baguette genug.

In südlicher Richtung befindet sich der Park Bosque Petrificado (S45,81451° W69,06755°). Die Attraktion sind 65 Mio. Jahre alte Bäume, die versteinert sind. Damals, bevor die Anden entstanden, war hier ein Urwald mit Bäumen und Farn in denen auch Dinosaurier lebten. Mit der tektonischen Verschiebung der Kontinentalplatten entstanden die Anden, die die von Westen kommende Feuchtigkeit und den Niederschlag abhalten. Seitdem entwickelte sich dieses Gebiet zu einer wüstenähnlichen Landschaft und die Bäume starben ab. Eine Schicht aus Staub und Asche von Vulkanausbrüchen bedeckte das Gebiet und die Baumstämme wurden so langsam von Silikaten durchsetzt. So entstanden die heute wie Holz wirkenden Schwergewichte, die es auf jeden Fall lohnt anzusehen. Sollte mein Schreiner aus diesen Bäumen Möbel bauen wollen, so müsste er wohl zuvor auf Steinmetz umschulen. Ich kann mir einen Zeitraum von 65 Mio. Jahren jedenfalls nicht vorstellen, dennoch habe ich ihn heute berührt und in meinen Händen gehalten. Jeder der einen ähnlich alten Baum anfassen will muss sich wohl zu seiner verschmierten Ölwanne am Auto runter beugen, denn für gewöhnlich haben die Bäume von damals sich (grücklicherweise) zu Öl zersetzt.

Zurück nach Sarmiento. Hier noch einmal tanken bevor ich in die Touristenhochburgen komme, wo andere Preisegefüge gelten. Leider gibt es keine Lkw Zapfsäule und so dauert es ein wenig, bis ich den ersten Tank voll habe. Einige Mutige haben sich hinter mir angestellt statt an der anderen, längeren Schlange. Doch das Erwachen kommt erst, als ich Antares umdrehe, um auch den anderen Tank zu füllen. Doch alle bleiben gelassen. Anscheinend hat es Weihnachtsgeld gegeben, denn es ist die Hölle los hier an der Tankstelle.

Ich freue mich über einen funktionierenden Internetzugang, denn so kann ich telefonieren und erfahren was das Christkind zu Hause vorbei gebracht hat. Hier kommen Geschenke erst zum 6. Januar an. Dann fahre ich weiter, bis  zum Rio Senguen, den ich inzwischen auf der berühmten Ruta 40 quere. Doch ich kehre zurück und finde hier einen schönen, wenn auch nicht sehr heimeligen Stellplatz. Doch es ist kaum Verkehr unterwegs und so genieße ich eine wenigstens etwas windgeschützte Stelle für die Nacht.

 

Perito Moreno

Heute Nacht hat sich irgendwer oder irgendetwas am Auto zu schaffen gemacht. Ein ständiges Klappern, welches nicht vom Wind herrührt, denn der hatte nachgelassen, lies mich nicht mehr schlafen. Nachdem ich einen Rundgang mit Taschenlampe um Antares durchgeführt habe, lege ich wieder hin – das Geräusch ist verschwunden.

Auf der Straße ist nichts los, denn es ist Weihnachten. Aber das kommt mir gelegen, denn so kommen mir nicht so viele Lkw auf der schmalen Ruta 40 entgegen, die bis Rio Mayo teilweise recht ausgefahrene Kanten hat. Hinter Rio Mayo bis Perito Moreno ist die Straße neu geteert und lässt sich gut befahren. Hier hält mich ein Polizist an, der mitgenommen werden möchte. Jedoch muss er zur chilenischen Grenze und ich fahre nach Süden. Auch Perito Moreno scheint heute wie ausgestorben. Nach einer Erkundungsrunde durch den Ort suche ich mir westlich des Ortes einen Platz im Nirgendwo für die Nacht. Und dann koche ich mir ein leckeres Weihnachtsessen, auf das freue ich mich heute.

 

Lago Buenos Aires

Als ich meine Prärie-Lagerstätte verlasse, läuft mir eine Fuchs-Mama mit ihren beiden Kleinen über den Weg. Leider bin ich auf dem Weg zum Einkaufen und habe nicht schnell genug die Kamera parat. Im Supermarkt lerne ich wieder mal hinzu, denn das so spannende Thema Leergut geht in die nächste Runde. Ich will die leeren Flaschen zurückgeben, die ich vor einigen Tagen bei derselben Handelskette aber an einem anderen Ort gekauft hatte. Der Leergutautomat nimmt nur eine von drei Flaschen an. Die Verkäuferin nimmt den Pfand-Bon jedoch nicht an, da ich die Flaschen ja woanders gekauft hatte. Mir ist die Sache mittlerweile echt zu doof. Ich bitte sie nicht mir die Flasche zurück zu geben, sondern lasse die beiden anderen auch da und kaufe von nun an nur noch Wein. Der ist unwesentlich teurer als Bier und es gibt kein Pfand auf den Flaschen. Davon ab, ist der Geschmack auch besser als bei den meisten Bieren die es hier gibt.

Nur wenige Kilometer westlich erreiche ich den Lago Buenos Aires. Da die Sonne scheint, es 14,4°C ‚warm‘ ist und nur mäßiger Wind herrscht, bleibe ich heute hier, auf einem Platz direkt am Wasser und mit Blick auf die schneebedeckten Berge in Chile, denn das andere Ufer gehört bereits zum Nachbarland.

Als ich draußen sitze, kommt plötzlich dieses gepanzerte Allradfahrzeug mit 'kurzer Achse' und 'run-flat Bereifung' daher. Er ist putzig und wenig scheu.

Dann ist mal wieder Projekttag angesagt. Am Tischgestell muss das Rollenlager neu eingepasst werden, damit es sich endlich mal in ganzer Breite verstellen lässt. Das schiebe ich nun schon seit Wochen vor mir her. Um nächtliche Besucher fern zu halten, frische ich meine Mader-Abwehr auf. Dazu sind die am Fahrzeug angebrachten Filzplättchen alle vier Wochen mit einem Spray einzusprühen. Was auf der Luv-Seite ganz gut funktioniert, stellt sich auf der Lee-Seite als echte Herausforderung dar, denn das Zeug sorgt auch auf Kleidung vier Wochen lang für abstoßenden Geruch.

 

Los Antiguos (Ruta Provincial 41)

Also worin liegt der Unterschied zwischen eine Flasche Bier und einer Flasche Wein? – Nicht im Preis! – Uff, Aufstehen fällt heute schwer. In der Nacht hat sich der Wind jedoch gelegt und so wecke ich mich mit einem erfrischenden Bad in dem eiskalten See. Dann gibt es Frühstück mit guter-Laune-Musik.

Ich fahre nach Los Antiguos, einem kleinen, sehr gemütlich wirkenden Grenzort. In der Touristen Information werde ich gewahr, dass die Ruta Provincial 41 nach starken Regenfällen unpassierbar ist. Hmmm, das wäre aber genau meine Route gewesen, denn nach Chile will ich nicht und eine andere Ausfahrt aus dem Ort gibt es nicht.

Nachdem ich den Ort erkundet habe, fahre ich auf die RP41 und schaue mal wie sie aussieht. Gleich nach wenigen Kilometern eröffnet sich ein sehr schönes Tal. Links Argentinien und rechts des Flusses ist bereits Chile. Ein tolles Bergpanorama eröffnet sich vor mir. Die Piste ist in passablem Zustand und so fahre ich weiter. Mal sehen wie weit ich komme.

Die Dame in der Touristeninformation meinte bis zirka 60 km könne man fahren. – Und sie sollte Recht behalten. Die Piste wird butterweich und ich erkenne frische Fahrradspuren, die in den Boden eingedrückt sind. Kurz darauf treffe ich auf ein französisches Pärchen, die mit dem Fahrrad unterwegs sind. Selbst sie stöhnen über den weichen Untergrund. Auch Antares zieht tiefe Furchen in die Piste. Ich versuche weiter den Pass hinauf zu kommen. Doch nach zirka einem weiteren Kilometer fräsen wir mehr Rinnen in die Piste als dass wir vorankommen. Das kann nur noch schlimmer werden und wenn es mal bergab geht, wie sieht es dann mit dem Umkehren aus? Selbst beim Bergabfahren müssen wir gegen den klebrigen Matsch ankämpfen. Erst hinter der Brücke wird es wieder besser. Doch ein Zentner Matsch klebt noch am Auto, den ich versuche zu beseitigen als wir einen Stellplatz mit Aussicht neben der Piste gefunden haben, bevor dieser erst richtig hart wird und nicht mehr ab geht.

 

Cuevo de los Manos

Auf dem Rückweg kreuzt kurz vor Los Antiguos ein Stinktier meinen Weg. Das erste welches ich hier sehe. Es spring hektisch mit den Vorderpfoten auf und ab, als wenn es mich zum Tanz auffordern wollte. Doch ich möchte der Dame (ich vermute nur dass es eine ist, denn wer wollte sonst mit mir tanzen?) nicht zu nahe kommen und schon gar keine Bekanntschaft mit ihrem Hinterteil machen.

In Perito Moreno komme ich wieder auf die Ruta 40. Jetzt geht es wieder Richtung Süden. Hier kommt mir ein roter Dreiachser mit großem Anhänger von RotelTours entgegen. Auch das erste Mal, dass ich einen von denen treffe – oder besser daran vorbei fahre. Das ist ‚Truckern‘ für kleines Geld.

Die Cuevo de los Manos sind bereits ausgeschildert und so biege ich links auf eine Piste ab. Die Piste hatte ich mir auch schon als Abkürzung rausgesucht, doch was dann kommt, verwundert mich, denn ohne Allrad wird es schwierig hier durchzukommen (S47,22681° W70,78506°). Die erst noch gute Piste, die sogar mit Leitplanken ausgestattet ist, führt fast geradewegs von der Seite in einen Canyon hinein und auch wieder ebenso steil heraus. Bergab geht es im zweiten Gang mit Motorbremse und rauf mit Untersetzung im dritten Gang. Ich überlege schon, ob icht Sin machen würde die Piste mit den in Skigebieten üblichen Farben zu versehen. Diese wäre zumindest mal als Rot zu deklarieren. Wegen des stellenweise extrem ausgefahrenen Wellblechs kann man nur sehr langsam fahren. Aber es macht riesig Spaß. Nur gleichzeitiges Fahren und Fotos machen gestaltet sich etwas schwierig. Dieses Stück Piste gehört auf jeden Fall zu den ‚Hot Spots‘ oder ‚Cool Pists‘.

Nach weiteren 15 km ausgefahrener Piste komme ich am Visitor Center der Cueva de los Manos an (S47,15648° W70,65678°). Hier besichtige ich für 120 Pesos die Höhlenmalereien. Sie sind allesamt hinter Gittern und somit gut erhalten. Daniela ist unser Guide. Sie erklärt alles recht ausführlich und sehr informativ. Allerdings auf Spanisch. :-). Die Aussicht in das Tal ist ebenfalls grandios. Lediglich der von oben kommende Steinschlag, der auf dem hölzernen Gehweg neben uns aufschlägt, bereitet mir Sorgen. Doch wir kommen alle unversehrt zurück zum Parkplatz.

Später treffe ich Doris und Heinz, mit denen ich den Abend verbringe. Wir campieren gleich oben auf dem Felsplateau mit herrlichem Blick in das Tal.

 

Nationalpark Perito Moreno – Lago Volcan

Lange geht es über die mittelmäßige Piste zurück zur RN40, die jedoch entgegen der Karte inzwischen asphaltiert ist und somit geht es zügig zur nächsten Abzweigung, an der ich zum Nationalpark Perito Moreno abbiege.

Bis zum Parkeingang sind es läppische 90 km ab der RN40. Die ersten 40 km sind in gutem Zustand und lassen sich zügig fahren. Während ich auf der Teerstraße 64 km/h fahre, weil ich einen digitalen Tacho habe und die Zahl 64 im binären System nur für ein Bit Strom braucht, fahre ich bei 64 km/h sehr energiesparend. (Ist natürlich Quatsch J ). Aber auf den Pisten, zumindest auf denen mit gleichmäßigem Wellblech, fahre ich gerne zwischen 70 km/h und 75 km/h, denn bei dieser Geschwindigkeit rollt (fliegt) Antares ganz sanft über die Bodenwellen hinweg. Kommen jedoch Hindernisse auf, geht es plötzlich um eine Kurve oder bergab, dann wird es genauso schnell brenzlig. Jetzt wird die Piste sehr viel weicher. Es geht durch eine Tal Ebene, durch die ein Fluss verläuft und der jüngste Regen hat der Piste ordentlich zugesetzt. Oder besser die Autos, die seither darüber gefahren sind und ebenso Furchen in die Piste gezogen haben, wie ich vor zwei Tagen.

An der Rezeption des Parks melde ich mich an. Ich bekomme noch ein Briefing über die hier lebenden Tiere und die Gegend. Die Zufahrt zum Lago Burmeister ist leider gesperrt. Es haben sich bereits zwei Autos auf der Piste festgefahren und die Ranger scheinen ein wenig genervt von den Bergeaktionen oder einfach nur von der Zerstörung der Piste.

Ich fahre bis zum nordwestlichsten Punkt. Es ist Zeit etwas zu kochen. Doch als ich so am Herd stehe – Grillen ist wegen des Feuers verboten und der Grill würde wohl auch weg fliegen – wird Antares ordentlich durchgeschaukelt. Es ist so laut, dass ich nicht einmal mehr Musik hören kann. Also beschließe ich nach dem Essen ein Stück zurück zu fahren und im Schutze eines Hügels etwas Windschutz zu suchen. Von hier habe ich ebenso einen tollen Ausblick auf den türkis-blauen Lago Volcan und die Berge rundherum. Eine grandiose Szenerie.

Okay, 10°C ist nicht sonderlich viel, aber ich freue mich schon darüber, dass der Wind heute nachgelassen hat. Also ziehe ich mich entsprechend an und mache mich auf den Weg zum Lago Volcan. Leider kommt man zum See direkt nicht hin, weil einem der Rio Lacteo den Weg versperrt, will man ihn nicht durchwaten. Dazu ist das Wasser meiner Meinung nach jedoch viel zu kalt. Die einstige Brücke über den Fluss, die die Viehzüchter nutzten um ihre Tiere hinüber zu treiben, ist seit längerer Zeit zerstört.

Tiere sind leider wenige zu sehen. Auch das milchige türkis-blau des Sees kommt nicht so recht zur Geltung, da das dazu notwendige Sonnenlicht fehlt. Der Vorteil ist jedoch, dass ich in diesem Teil des Parks, bis auf drei Chilenen, die kurz hier waren, für mich alleine habe.

Dummerweise begint es am Abend zu regnen und dabei hatte ich Hoffnung morgen auf den Cerro Leon zu steigen um mal einen Rundumblick über den Park und den Lago Belgrano zu bekommen.

 

Gegen 6:30 Uhr werde ich von einem komischen, anhaltenden Geräusch geweckt. Es ist der Regen, der sich in Schnee verwandelt hat und nun sanft das Fenster bedeckt. Es hat gerade begonnen zu schneien und langsam beginnt sich die Landschaft weiß einzudecken. Pünktlich zu Silvester hält hier also der Sommer (Winter) mit Schnee Einzug. Einen Schneetag, an dem es bereits vor 6:00 Uhr hell ist und um 22:00 Uhr noch nicht dunkel, wollte ich immer schon mal erleben. Für Skilift-Betreiber wäre das großartig und die Liftkarte sicherlich das doppelte Wert. Doch ich spekuliere viel mehr darauf, im Schnee frische Spuren zum Beispiel vom Puma oder vom endemischen, dreihornigen Huemul zu finden.

An eine Weiterfahrt ist nicht zu denken. Wie schon zuvor beschrieben ist die Piste nach Regen schlecht befahrbar. Jetzt liegt noch schwerer, matschiger Schnee darauf, der nicht nur den Boden aufweicht, sondern auch die Sicht auf die Piste nimmt. Ich werde wohl ein paar Tage hier bleiben dürfen (müssen). Bis zum nächsten Ranger sind es 6 km und zum Visitor-Center nochmal weitere 14 km. Von dort 90 km zur RN40 und weitere 125 km bis zum nächsten Ort. Das sind die üblichen Distanzen in Patagonien. Eine besondere Herausforderung für die Menschen die hier leben.

Um mich zu bewegen, gehe ich durch den Schnee-Regen zum Ranger-Posten, doch dort treffe ich lediglich einen argentinischen Camper mit seinem Bus und zwei Pärchen in ihren Zelten an. Die Ranger, so sagen sie mir, sind zum Silvester feiern 'abgehauen'. So erhalte ich keinen Wetter-Update, doch einen guten Wander-Tipp zum Mount San Lorenzo, der mit 3706 m Höhe an der chilenischen Grenze liegt. Falls das Wetter es zulässt, wollen die vier morgen dorthin wandern - ich bin gern eingeladen mitzukommen. Doch erstmal gehe ich zurück zu Antares, denn der kleine Hunger ist inzwischen auch schon bei mir angekommen.

An der Ranger-Station gibt es übrigens einen speziellen Stellplatz für Motorhomes. Er ist betoniert und hat in der Mitte gleich eine Grube eingebaut. Vielleicht denken sich die Ranger, wer mit einem Motorhome bis hier durch kommt, braucht bestimmt einen solchen Service-Punkt. Aber ob sie wirklich meinen dass ein Motorhome mit drei Achsen hier her kommt, das, denke ich, ist eher selten der Fall. Aber vielleicht komme ich zum Ölwechsel hier her zurück, wenn es denn wieder wärmer ist.

 

Nationalpark Perito Moreno – El Rincon

Als Neujahrswanderung will ich den Cerro Leon besteigen. Dazu fahre ich nach El Rincon und parke auf der Grube. Die Argentinier haben ebenso hohe Berge wie die Schweizer, aber Wanderwege werden nicht in Serpentinen, sondern meist auf kürzester Strecke angelegt und so führt der Weg auf den 1470 m hohen Berg fast in Falllinie hinauf. Auf dem Kamm kämpfe ich zusätzlich noch mit dem Gegenwind, der mir hier kräftig entgegen weht. Doch die Aussicht entschädigt für die Mühen, auch wenn ich mich nur schwer auf den Beinen halten kann. Wegen des Windes gebe ich mich auch nur wenige Minuten dieser grandiosen Aussicht hin und steige dann wieder ab.
 

Da es hier keine Alpenvereinshütten gibt, habe ich mir meinen Kaiserschmarren im Tal selbst gemacht. Als ich anschließend draußen sitze, sehe ich einen Choiques (Nandu) wie wild durch die Steppe laufen. Erst auf den zweiten Blick erkenne ich, dass er von einem Fuchs gejagt wird, der jedoch zu langsam ist und schließlich aufgibt. Dann kommt er geradewegs auf mich zu und geht wenige Meter an mir vorbei.

Fürs neue Jahr nimmt man sich ja typischerweise etwas vor. Ich habe mir überlegt, dass ihr euch dieses Jahr etwas für mich überlegt und mich mit besonderen Reise- oder Routen-Vorschlägen unterstützt. Der Einsender des besten Reise-Vorschlags bekommt einen exklusiven Besuch mit Reiseberichterstattung von mir, sobald ich zurück bin. Einsendeschluss 31.12.2015. Ich bin mal gespannt was wir so zusammentragen werden J.

 

Lago Cardiel

Es kostet mich über zwei Stunden über die inzwischen etwas abgetrocknete Piste zur RN40 zu fahren. Es gibt zwar noch viele Wasser Durchfahrten und viel Schlamm, aber Antares hat keine Schwierigkeiten uns hier raus zu bringen.

Auf der Ruta Nacional geht es gut voran, doch ist es bereits Nachmittag bis ich in Gobernador Gregores an der Tankstelle ankomme. Hier tanke ich nach und freue mich über den um 5% herabgesetzten Diesel-Preis. Marco, der Argentinier, hatte mir bereits davon berichtet, dass ‚Combustible‘ (Treibstoff) um 5% günstiger werden soll. Bei der Gelegenheit fülle ich auch gleich Wasser auf und versorge mich im örtlichen Supermarkt für die kommenden Tage. Es gibt zwar viele Hotspots, doch wen man sich dort erfolgreich verbindet, heißt das nicht, dass man auch eine Verbindung mit dem Internet hat. Auf Dauer wird die Suche nach einem Anschluss an den Rest der Welt echt mühsam und so gibt es auch heute noch keinen Update des Reiseberichtes. Doch zum Glück funktioniert das Telefon wieder.

Die neue RN40, die jetzt durch Gobernador Gregores führt, ist noch im Bau und so komme ich westlich der Stadt auf eine Piste, die zu einer langen schmalen Brücke führt. Der Fluss ist braun gefärbt von dem vielen Regen- und Schmelzwasser, welches in den letzten Tagen durch das Land geflossen ist und bestimmt ist auch ein Teil der von mir am Morgen befahrenen Piste dabei. Am anderen Ufer geht es weiter über die Piste hinauf auf das Plateau. Von hier habe ich einen schönen Blick über den Ort und sehe einige schöne Camping-Möglichkeiten entlang des Flusses, doch nach zwei Biegungen komme ich auf die neue RN40 und fahre weiter zum Lago Cardiel. Da beide Seiten der RN40 eingezäunt sind, fahre ich abseits auf der RP29 etwa 20 km bis zum See. Eine ausgewaschene Piste führt bis ans Wasser. Ich parkiere uns etwas oberhalb mit einem schönen Überblick und einem tollen Sonnenuntergang. Als ich auf einem dieser Sandhügel stehe und mir den roten Abendhimmel ansehe, schleichen sich zwei Hasen von hinten an. Als ich sie bemerke und mich umdrehe, erschrecken sie über diese komische Gestalt und drehen ab. Dies ist ihr Revier und so setzen sie ihren Beutezug in Richtung Seeufer fort, während ich den Tag in absoluter Stille beenden darf.

 

La Leona

Ich freue mich als ich über die Piste zurück wieder die asphaltierte RN40 erreiche. Doch das erste Schild welches ich am Straßenrand sehe besagt ‚Fin pavimento‘. Und schon bin ich wieder auf einer Piste unterwegs. Dies ist einer der wenigen Teilstücke der längsten Straße der Welt, die noch nicht geteert sind, doch die Arbeiten sind in vollem Gange. Allerdings ist nur ein kurzes Stück bis Tres Lagos fertig gestellt und für den Verkehr freigegeben. Der Rest der Strecke führt über mehr oder weniger passable Piste. Ich kann noch gut die Fahrspuren aus den Regentagen erkennen. Andere Reisende berichteten mir, dass ein Motorradfahrer mit Beiwagen an seinem Gefährt hier im Schlamm gesteckt hat und kaum voran kam.

An der Abzweigung nach El Chalten fahre ich vorbei. Diesen Besuch hebe ich mir für die ‚Rückfahrt‘ auf, doch einen Blick auf den Fitz Roy kann ich auch schon heute von einem gut gelegenen Parkplatz aus genießen. Kurz darauf parkiere ich mich nahe dem Hotel La Leona am Fluss. Der Platz ist nicht spektakulär, bietet aber Internet und das ermöglicht euch dies zu lesen.

 

El Calafate

Der Wind ist so laut, dass ich nicht einmal höre, wie ein Fahrzeug nebenan parkt. Erst als es klopft, bemerke ich sie. Es sind Heinz und Doris, die aus El Chalten kommend Antares erkannt und spontan von der Straße abgebogen sind um Hallo zu sagen. Da wir in die gleiche Richtung fahren, werden wir uns sicherlich nochmal treffen und so tauschen wir kurz ein paar Infos und Neuigkeiten aus und dann machen wir uns beide auf den Weg.

Nachdem ich heute die neue Routendarstellung auf der Web-Seite aktiviert habe, bin ich gut gelaunt und fahre mit viel Freude und lauter Musik nach El Chalten. Der Ort ist weitläufig angelegt. Zwischen den Häusern ist viel Abstand und sind wenige Bäume. Dafür unendlich verwirrt angelegte – oder einfach so entstandene – Straßen. Meine gedachte Route muss ich mehrmals neu entwickeln, weil mal wieder eine Straße mit einem Erdhügel oder durch einen Polizisten abgesperrt ist. Die Fahrt zum Supermarkt wird so zur Pfadfinder-Tour. Zum Glück hängen die Stromkabel alle hoch genug. Witzig wird es als ich in einer Sackgasse lande, an deren Ende ein Kreisverkehr von vielleicht 12 m Außendurchmesser zum Wenden liegt. Die Schwierigkeit ist nur, dass in dessen Mitte sich eine Verkehrsinsel von ca. 5 m Durchmesser mit hohen Kanten befindet. Eine tolle Sache für die Lkw-Fahrschule.

Hier scheint mal wieder der Wind zu Hause zu sein. Es ist auch ganz deutlich zu erkennen wie es zwischen den Bergen im Nationalpark zu regnen scheint. Die Anden bilden eine Wetterscheide auf dessen westlicher Seite der Regen fällt, während im östlichen argentinischen Teil eine trockene Steppen-ähnliche Landschaft vorherrscht. Bei 15°C – 20°C ist es nicht wirklich kalt, so lange man sich nicht dem Wind aussetzt. Sonnenschutz hingegen ist immer wichtig, denn die Strahlung ist aufgrund der klaren, sauberen Luft sehr hoch. Auch die Sonnenbrille ist unentbehrlich. Bei dem Wind sorgt sie jedoch oft für Tränen in den Augen, was einen die schöne Natur oft nur noch von Träne verschwommen wahrnehmen lässt. Es ist aber auch zum Heulen… Und man sollte nie die übrig gebliebenen Brötchenkrümel für die Vögel aus dem Fenster werfen, denn der Wind trägt sie garantiert zurück in die Wohnstube und dann darf man sie erneut auffegen.

 

Güer Aike / Rio Gallegos

Inzwischen erreicht der Regen sogar El Calafate. Die Fahrt in den Nationalpark hebe ich mir ebenfalls für die 'Rückreise' auf. Hoffentlich haben wir Glück und das Wetter ist dann besser.

Die Hauptverbindungsstraße führt mitten durch den Ort. Rechts und links reihen sich endlos die Reise- und Ausflugsveranstalter für die Touristen aneinander. Modisch einkleiden kann man sich hier auch, denn Shopping gehört zu einem echten Touri immer dazu.

Für mich folgt wieder mal eintönige Landschaft. Das Einzige was ich regelmäßig zu sehen bekomme sind Touristenbusse. Sie kommen mir aus Richtung Rio Gallegos entgegen. Selbst die Rast bei Esperanza fällt wegen des starken Windes knapp aus. Ich finde nicht einmal die Kraft zu einem deutschen Landy rüber zu gehen, bevor dieser weiterfährt.

In Güer Aike, kurz vor Rio Gallegos, überlege ich auf den Campingplatz zu gehen, wenn er nur einen windgeschützten Platz hat. Ich schaue mir den Platz an und bin wenig begeistert. Als ich vorschlage mich vor dem Campingplatz auf die Stellfläche zwischen die Bäume zu stellen, wollen sie dennoch 120 Pesos dafür. Grund genug mich herzlich zu bedanken und weiter vorne auf dem Parkplatz neben dem Aufgang zur Kapelle zu übernachten. Neben einem Gebäude finde ich wenigstens etwas Windschatten, trotzdem werde ich fast seekrank und der Lärm von der Straße stört mich auch zum ersten Mal.

 

Laguna Azul

Auf nach Rio Gallegos. Noch einmal solche Sachen einkaufen die ich mit über die Grenze nehmen darf und voll tanken. Die erste Tankstelle hat keinen Euro Diesel, also fahre ich noch in die Stadt. Dort werde ich dann fündig, kann auch noch Aqua Potable (Trinkwasser) nachfüllen und bekomme einen akzeptablen Internetzugang bei YPF. So vergeht die Zeit und es ist bereits Nachmittag als ich mich wieder auf den Weg mache. Beinahe hätte es auch noch einen Unfall gegeben, als ich beim Rangieren einen Kleinwagen übersehe, der gerade an mir vorbei fahren will. Aber alles geht gut aus und niemand nimmt Schaden.

Ich verlasse Rio Gallegos in südlicher Richtung und komme an weitläufigen Kasernen vorbei. Hier ist eine größere Truppe stationiert um den Süden Argentiniens zu verteidigen. Mein Gegner heißt wieder einmal Wind und zu dem hat sich heute noch der Regen hinzu gesellt.

Kurz vor der Grenze führt rechts ab eine kleine gut ausgebaute Straße zur Laguna Azul, einem Kratersee eines erloschenen Vulkans. Hier bietet sich der Parkplatz als Übernachtungsmöglichkeit an, bevor es morgen über die Grenze nach Chile geht.

Ich werde bereits sehr früh von den Vögeln geweckt, von denen ich glaube dass es Ibise sind. Bereits vor 7:00 Uhr habe ich gefrühstückt und mache mich auf den Weg in den Krater. Hier wohnen nämlich die Vögel, die quaken wie Gänse.

Dann fahre ich zur Grenze.

 

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